1808, 30. Januar (?). Mit Zacharis Werner in Abendgesellschaft bei Johanna Schopenhauer Goethe ließ ein Werner'sches Stück – ich [v. Holtei] dächte, ›Wanda‹ wär' es gewesen – aufführen. Am Tage der Darstellung waren die Dichter und einige nähere Freunde, unter diesen die Schopenhauer, bei Goethe zum Essen. Auf die Frage, wo man sich nach dem Theater versammeln würde, suchte der Vorsichtige, der allzugroßen Andrang fürchtete, die Last von sich ab und sie, wie er es oft in ähnlichen Fällen that, der armen Schopenhauern zuzuwenden, die, gastfrei und gefällig, dergleichen Schicksale über sich ergehen lassen mußte. Diesmal kam es ihr, da sie gar nichts vorbereitet hatte, denn doch ein wenig zu schnell und wurde umso bedenklicher, weil sie die Aufführung des Werner'schen Stückes doch um keinen Preis versäumen wollte und folglich keine Zeit mehr hatte, sich um den Haushalt zu bekümmern. Sie eilte in größter Angst heim und rief nun ihrer Wirtschafterin zu: wir bekommen auf die Nacht Schaaren von Gästen: richte Dich ein und hilf Dir, so gut Du kannst. Als nun nach höchst zweifelhaften, aber doch scheinbarem Erfolge die Gäste eintrafen, nahmen die Frauen an der improvisierten Tafel Platz, die Herren standen mit ihren Tellern umher. Für Goethe und Werner waren zwei Stühle in der Mitte bestimmt; zwischen ihnen auf dem Tische stand ein wilder Schweinskopf, von dem die Wirthin schon des Tages zuvor gegessen, in ihrer Angst hatte die Haushälterin durch einen großen Kranz Lorbeerblätter die Anschnittswunde zu verdecken gesucht. Goethe erhob, diesen Schmuck erblicken, mächtig seine Stimme und rief dem, bekanntlich sehr zynischen und nicht immer sauber gewaschenen Werner zu: »Zwei gekrönte Häupter an einer Tafel? Das geht nicht!« Und er nahm dem wilden Schweinskopf seinen Kranz und setzte ihn dem Dichter der ›Wanda‹ auf den Kopf.