1811 (?). Mit Anton Genast Bei einer andern Gelegenheit, wo »Die neue Frauenschule« von Kotzebue gegeben werden sollte, ein Stück von drei Acten, worin die Handlung nur unter drei Personen stattfindet, legte er [Goethe] die drei Rollen in die Hände von Anfängern. Als er mir dieselben zur Vertheilung übergab, bemerkte ich ihm, daß das Stück verloren sei, wenn nicht das Wolff'sche Ehepaar und die Lortzing die Träger des Ganzen wären. »Ei was!« sagte er mürrisch, »ich weiß, was ich thue. Man muß den jungen Leuten Vertrauen beweisen; denn nur so kann etwas aus ihnen werden.« »Aber hier nicht, Excellenz!« erwiederte ich. »Das Gelingen hängt hier einzig und allein von einer trefflichen Darstellung ab, und diese ist nur zu erwarten, wenn Ew. Excellenz die Rollen den Genannten übertragen. Das Stück, das ohnehin kein Meisterwerk ist, kann nur durch solche tüchtige Kräfte über seine Mittelmäßigkeit gehoben werden, und statt den jungen Leuten zu nützen, schaden Sie ihnen nur. Indessen haben Ew. Excellenz zu befehlen; ich habe nur meiner Pflicht gemäß meine Ansicht ausgesprochen.« Nachdem Goethe mehrere Male mit heftigen Schritten im Zimmer auf- und abgegangen war, blieb er plötzlich vor mir stehen, mich mit seinen wunderbaren Glanzaugen anblickend, und sagte: »Den einmal hingeschriebenen Namen auf einer Rolle wieder ausstreichen, wenn das Mitglied nicht abgegangen oder gestorben ist, das thue ich nicht; das wißt Ihr. So laßt denn die Titelblätter der Rollen nochmals schreiben, damit ich sie für die Wolfs und Madame Lortzing signiren kann.« So geschah es.