24/6652. An Johann Friedrich Heinrich Schlosser Da es uns schon längst, wenn wir nach einiger Zeit an Freunde schreiben oder sie wiedersehen, ergeht wie es nach dem jüngsten Gericht einst werden soll, daß man nähmlich nicht weiß ob man auferstanden oder nur verwandelt ist; so ereignet sich es auch dießmal, man erstaunt, ja erschrickt, daß man nach so ungeheueren Ereignissen, nach so vielem was man rings um sich her fallen und untergehen sieht, doch noch selbst in dem Seinigen und mit dem Seinigen existirt, und weil man noch lebt, so bescheidet man sich auch wohl daß man dieß alles erlebt habe. Da nun ferner der Mensch von einer wunderlichen aber glücklichen Art ist, daß er das Verlorene wieder zu erlangen, das zerstörte wieder aufzubauen sogleich trachtet (wie ich denn bekennen will, daß mich, mitten in einer brennenden Stadt, der Gedanke eines künftigen schönen Aufbauens mehr als die Rettungs-Anstalt selbst beschäftigte) so wollen wir uns auch in diesen Augenblicken einstweilen fröhlich begrüßen, uns zum Wirken ermahnen und deshalb eine lebhaftere Communication eröffnen. Grüßen Sie Ihren lieben Bruder, und ersuchen ihn mir von den deutschen Kunstjüngers in Rom Notizen jeder Art mitzutheilen, damit man nicht säume sie immer mehr bekannt zu machen, und ihre Verdienste ins Licht zu setzen. Ich habe schon die mir überstanden Zeichnungen zu diesem Zweck genutzt, indem ich niemand einigermaßen Empfängliches vorbeygehn ließ, ohne daß er diesen schätzbaren Productionen gehuldigt hätte. Ich glaube hierdurch bey Vornehmen und Wohlhabenden einen solchen Samen ausgestreut zu haben, daß ich, sobald nur die ersten Nothbedürfnisse befriedigt sind, auf eine wo nicht reichliche doch mäßige Erndte für unsere Freunde hoffen kann. Grüßen Sie Boisserée zum schönsten, er soll mir auch einmal wieder sagen wie weit sein Unternehmen in diesen Zeiten vorgerückt ist. Ich verdiene überhaupt wohl daß meine auswärtigen Freunde mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht von sich geben, da ich den ganzen Sommer darauf verwendet habe mich mit ihnen in Rapport zu setzen, welches hoffentlich Weihnachten durch die Ausgabe meines dritten Bandes geschehen soll. Das ausgefüllte unterzeichnete Blatt lege ich bey, höchlich dankbar für fortgesetzte freundliche Besorgung meiner Angelegenheiten. Den liebwerthen Ihrigen mich zugleich bestens empfehlend Weimar d. 29. Novbr. 1813. Goethe.