6/1695. An Johann Christian Kestner Wollte ich gleiches mit gleichem vergelten; so bliebe Euer Brief auch über das Jahr liegen, ich will aber der alten Freundschafft besser opfern, und hier ist also mein Danck für das überschickte. Das heist doch noch eine Parthie Köpfe! Misgönnt mir meine Bäume nicht, Eure Buben sind um ein gut Theil besser. Grüßt Lotten. Euer und der Eurigen Wohlfahrt erfreut mich herzlich. Wir haben einen gesunden Erbprinzen, und sind darüber in neues Leben und Freude versetzt, Ihr werdet das mit fühlen. Hier meine Iphigenie. Ich bitte sie bald zurück. Wollt Ihr sie noch einigen guten Freunden zeigen; so bewahrt mir sie nur vor den Augen angehender Autoren. Es ist zwar so viel nicht dran gelegen, doch ists verdrüslich, wie mir schon offt geschehn ist, sich stückweise in's Publikum gezerrt zu sehn. Laßt euch den Ton meines lezten Briefs nicht anfechten. Ich wäre der undanckbarste Mensch wenn ich nicht bekennte daß meine Lage weit glücklicher ist als ich es verdiene. Freylich schont mich auch wieder die Hitze und Mühe des Lebens nicht, und da kann's denn wohl geschehen daß man zu Zeiten müde und matt auch wohl einmal mismutig wird. Lebt wohl, und gedenckt meiner unter den Eurigen. Weimar d. 15. März 1783. Goethe.