25/7110. An Carl Ludwig Woltmann Weimar den 17. May 1815. Ew. Hochwohlgeboren gedachte nicht eher zu schreiben als bis das versprochene Packet angekommen wäre; da es aber noch nicht in meinen Händen ist, zur Zeit, wo ich nach Wiesbaden im Begriff stehe, so will ich nicht verfehlen, dieses anzuzeigen und für den erquicklichen und belehrenden Brief vorläufig zu danken, bis der bedeutende Inhalt Ihrer Sendung mir Gelegenheit giebt, etwas Ernstliches zu erwidern. Der Gedanke, daß ein Historiker reise, und im Mittelpunkte verschiedener Reiche diese aufkläre, ist so schön als richtig. Der gewandte Schriftsteller wird sich dadurch eine große Mannigfaltigkeit bereiten, und sowohl in Form als Styl sich nicht immer ähnlich bleiben, wie es geschehen muß, wenn er immer von einem und demselben Standpuncte ausgeht. Doch ich muß abbrechen, da mir auch nur aus Ihren vorläufigen Nachrichten so viel entgegen quillt. Leider senden mich die Ärzte an den unruhigen Rheinstrom; tausendmal lieber hätte ich Sie an der Moldau besucht; es ist denn doch nicht erlaubt, daß ich Prag noch nicht gesehen habe. Grüßen Sie Ihre treue Lebensgefährtin auf das schönste. Leben Sie recht wohl und gedenken mein. Ihr J. W. v. Goethe.