49/21. An Carl August Varnhagen von Ense [2. August 1831.] Ew. Hochwohlgeboren haben mir durch Ihre freundliche Sendung ein sehr angenehmes Geschenk gemacht. Ich hatte vor einiger Zeit den wackern Sinclair durch seine zwey Bände treulich begleitet; einen um desto vollständigeren Eindruck mußte Ihre Darstellung auf mich machen. Gern will ich gestehen daß ich in dieser den Meister biographischer Kunst gewahr werde, mit dessen Ansichten ich vollkommen übereinstimmenden fühle und denke, ohne daß ich mir anmaßen dürfte, ein solches Werk auf eine so glückliche weise zu epitomisiren. Noch einen besondern Dienst haben Sie mir dadurch geleistet daß Sie mich in den Stand setzten, meiner guten Schwiegertochter das Ganze bekannt zu machen, da ich sie mit einzelnen auffallendern, allgemein interessanten Stellen zu unterhalten gesucht hatte. Mehr will ich nicht sagen, da ich zwar nicht in bedrängten, aber doch in gedrängten Augenblicken lebe und deshalb an auswärtige Freunde und ihre Wünsche seltener zu denken angeregt werde. Jener Aufsatz über die Händel der französischen Naturforscher hat, wie Sie wissen, wundersam gegriffen; die synthetische Partei findet in uns Deutschen willkommne Alliirte und mich haben manche Sendungen, Zeitungs- und Journal-Artikel noch tiefer in die Sache sehen lassen, woraus denn freylich erhellt: daß man am besten thut sich zurückzuhalten. Damals, als ich Ihnen den ersten Versuch zuschickte, war das Interesse bey mir auf einem hohen Grad lebendig und ich dictirte sogleich eine Fortsetzung, die mich in die Zeiten Buffons und Daubentons zurückführte. Nun aber bin ich weit davon abgelenkt und durch die dazwischen getretenen Pariser Verworrenheiten in mein Kämmerlein zurückgedrängt. Führe ich weiter fort, was ich nicht gerne aufgeben möchte so send ich es zu beliebigen Gebrauch. Möge doch unsre kleine Familie, die ganz treu und heiter zusammenhält, immer auch von Ihrer Seite sich eines freundlichen Wohlwollens erfreuen. Hochachtungsvoll unwandelbar J. W. v. Goethe.