39/16. An Sulpiz Boisserée Seit dem Empfang Ihres Schreibens, mein werthester Freund, habe gar oftmals Gelegenheit an Sie zu denken gefunden; bey Vorzeigung des Domwerks und des Lithographischen muß Einsicht, Fleiß und Beharrlichkeit immer gleich gepriesen werden. Ich hoffe daß die Sommerreise auf Ihr Wohlbefinden glücklichen Einfluß gehabt hat. Ich bin nicht vom Platze, kann aus dem Hause gekommen und habe doch dießmal den Winter glücklich angetreten; so hilft man sich von Monat zu Monat, und wenn man zuletzt einiges Behagen empfinden soll, so muß eine fortgesetzte treue Thätigkeit uns ein solches Gut verleihen. In der Beylage empfehl ich einen jungen Mann, wollten Sie sich seiner annehmen so würde Ihnen unser kleiner Kreis besondern Dank schuldig seyn. Ihro K. H. dem Großherzog ist die Sache selbst angelegen und auf dessen Anregung sowohl als eigenen Antrieb ergeht Frage und Vorschlag mit der Bitte um baldige Antwort. der junge Mann ist sittlich von der besten Art; sein Künstlertalent ist für unsere Zwecke allenfalls hinreichend, seine Technik aber auch zu solchen subordinirten Forderungen unzulänglich und mangelhaft. Es kommt nun also darauf an ob die bedeutenden innern Verhältnisse Ihrer großen und wichtigen Angelegenheit erlauben, einem jungen Mann, der mit soviel Ernst, Liebe und Fleiß sich in seinem Geschäft abängstigt, bey sich Eintritt zu gewähren und ihm dadurch über das Nächste und Nöthigste hinauszuhelfen. Sie würden sein Glück begründen, den weimarischen Fürsten und den durch ihn belebten Kunstkreis Sich, wie Sie selbst ermessen, höchlich verpflichten. Mehr sag ich nicht, alles Ihrem freundschaftlichen Wohlwollen anheimgebend. Noch füge hinzu daß die vier Blätter der sogenannten Weimarischen Pinakothek, die wohl zu Ihnen gekommen ist, von ihm gearbeitet sind; auch hat er nachher noch eigenes nicht Ungefällige geleistet, welches er bey freundlichem Empfang schuldigst vorzeigen würde. Mich bestens empfehlend und gute Nachrichten wünschend. treulichst Weimar den 20. November 1824. Goethe.