2/208. An Sophie von La Roche [Frankfurt, Mitte Februar 1774.] Ich dancke Ihnen liebe Mama für die beyden Briefe, sie haben mir die ganze wahre Lage Ihrer Seele ausgedruckt, und ich binn gewiss dass wenn Sie fortfahren, in Ihrem eignen Ton über vorwaltende ineressante Gegenstände zu schreiben das Ganze eine fürtreffliche Würckung thun muss. Nur müssen Sie mir erlauben dass ich Ihnen über die Verbindung und Stellung der Theile meinen guten Rath ertheile. So ist zum Exempel die Apotheose Brechters im zweyten Brief evident zu früh. Der Altar muss erst gebaut, geziert und geweiht sein eh die Reliquien hineinverwahrt werden, und ich wünschte dass die ganze Stelle erst weiter hinten, wenn der Charackter und der Sinn Rosaliens sich mehr entfaltet haben, eingepflanzt zu seyn, wie ich denn auch mit der süsen Melankolie von verirrter Empfindung die den ersten Brief füllt, das Ganze gewürzt seyn möchte, und Sie bitte wenn es nicht zu sehr ausser der Stimmung Ihres Vorsazes liegt, die ersten Briefe mit ganz simplem Detail wo Gefühl und Geist nur durchscheint zu eröffnen. Hier haben Sie alles was ich zu sagen habe. Das liebe Weibgen hat Ihnen was von einer Arbeit geschrieben die ich angefangen habe seit Sie weg sind, würcklich angefangen denn ich hatte nie die Idee aus dem Suiet ein einzelnes Ganze zu machen. Sie sollens haben sobalds fertig ist. Nach Düsseldorf kann und mag ich nicht, Sie wissen dass mirs mit gewissen Bekandtschafften geht wie mit gewissen Ländern, ich könnte hundertiahre Reisender seyn ohne Beruf dahin zu fühlen. G.