12/3548. An Friedrich Schiller Es thut mir leid daß Sie vom nahen Bauwesen so viel dulden! es ist ein böses Leiden und dabey ein reizender Zeitverderb, in seiner Nähe arbeitende Handwerker zu haben. Ich wünsche daß auch diese Ereignisse Sie nicht allzusehr zerstreuen mögen. Ich suche so viel als möglich aufzuräumen, um mir ein paar ganz freye Wochen zu verdienen, und wo möglich die Stimmung vom Schluß meines Gedichts zu finden. Von der übrigen lieben deutschen Literatur habe ich rein Abschied genommen. Fast bey allen Urtheilen waltet nur der gute oder der böse Wille gegen die Person, und die Fratze des Parteygeists ist mir mehr zuwider als irgend eine andere Carricatur. Seitdem die Hoffnung das gelobte, obgleich jetzt sehr mißhandelte, Land zu sehen bey mir wieder auflebt, bin ich mit aller Welt Freund und mehr als jemals überzeugt: daß man im theoretischen und praktischen, und besonders in unserm Falle im wissenschaftlichen und dichterischen immer mehr mit sich selbst eins zu werden und eins zu bleiben suchen müsse. Übrigens mag alles gehen wie es kann. Lassen Sie uns, so lange wir beysammen bleiben, auch unsere Zweyheit immer mehr in Einklang bringen, damit selbst eine längere Entfernung unserm Verhältniß nichts anhaben könne. Den Schluß des Cellini will ich in Jena gleich zum Anfange vornehmen, vielleicht findet sich auch sonst noch etwas und vielleicht wird Moses durch die Unterhaltung wieder lebendig. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und genießen der freyen Luft, die Ihnen doch früh oder spät gute Stimmung gewähren wird. Weimar am 17. Mai 1797. G.