38/212. An Kaspar von Sternberg Die glückliche Wiederkunft des hochverehrten Freundes in seinem eigenthümlichen schönen Wirkungskreise mit aufrichtigster Theilnahme feyernd, übersende Beykommendes in der Zwischenzeit Gefertigtes, mit dem Wunsche geneigter Aufnahme. Daß das Glück eine so zweckmäßig unternommene, bedeutende Reise von seiner Seite zu begünstigen wußte war dessen wohlverstandene Pflicht. Die beiden Briefe von Bonn und München reich an Inhalt geben mir die sicherste Hoffnung einer ferneren so ausführlichen als gründlichen Belehrung, und ich sehe voraus daß, besonders was die Basalt- und Vulkanische Region, so wie die Steinkohlen-Bildung, auch die unterirdische Flora betrifft, der Naturfreund an solchen Resultaten völlig acquiesciren könne! und mir muß hierum besonders zu thun seyn. In hohen Jahren bey immer mehr sich häufenden Tagen, bleibt die Fähigkeit Mannichfaltiges aufzunehmen, zu ordnen und zurecht zu stellen nicht immer in gleichem Vigor, da flüchten wir uns denn in den Wunsch daß andere für uns das wichtige, nie ganz zu vermissende Geschäft übernehmen möchten. Noch habe ich mich, obgleich unbeweglich zu Hause, im leidlichen Wohlseyn hingehalten, wobey mich der Besuch des Herrn v. Martius gar höchlich erquickte. Mit den letzten Palmentafeln, die er bey sich hatte, sind mir nun hundert bekannt geworden, da denn noch schließlich die wundersamsten Fruchtgestalten vorkamen. Dieses vorzüglichen Mannes Reise nach Brasilien, die Physiognomik der Pflanzenwelt daselbst, in akademischer Rede vorgetragen und nunmehr das herrliche Palmenwerk haben wir eine anhaltend zusammenhängende freudige Unterhaltung gegeben. Von manchen andern das von außen zu mir gekommen und was sich aus mir selbst entwickelt verspare zu sprechen. Das morphologische Heftchen ist vollendet, das allgemein naturwissenschaftliche wird es auch bald seyn, durch böhmische Gewitter vorzüglich interessant. Und so sey geschlossen, mit den treusten Wünschen, mit der aufrichtigsten dankbaren Theilnahme an so vielfachem Reisegewinn, mit freudigster Anhänglichkeit, wie an alles Gute und Treffliche, also auch an den edlen Mann von dem so vieles und Unberechenbares ununterbrochen ausgeht. Doch darf ich nicht endigen ohne die vielfachsten Grüße meines gnädigsten Herrn auszurichten und sein Bedauern auszusprechen: daß die beiderseitigen Reiserouten sich nur wenige Tage zur ungünstigen Zeit gekreuzt und so die Hoffnung eines erfreulichen Wiedersehens vereitelt worden. unverbrüchlich J. W. v. Goethe. Weimar den 21. September 1824.