47/93. An Nikolaus Meyer Ew. Wohlgeboren verzeihen, wenn ich auf den ausführlichen Brief und die bedeutende Sendung gegenwärtig nur mit wenig Worten erwidere. Mein Sohn und Doctor Eckermann sind nach Italien gegangen und mir ist dadurch so manche Last zugewachsen, die ich seit geraumen Jahren auf Jüngere übertragen hatte. Deshalb aber muß ich mich entschließen, das mir mitgetheilte Manuscript, wie es verlangt wird, baldigst zurückzuschicken, ohne solches, wie es wohl verdient hätte, gründlich zu beachten. Meine Gedanken darf ich in jene Regionen nicht hinüberlenken, wo ich so manche Zeit mit dem entschiedensten Antheil verweilte; nun müssen Tage sowohl als Kräfte gespart und auf das Dringendste verwendet werden. Die Freude, die Sie an Ihre, jüngern Sohn, der so mannichfaltig entschieden talentvoll sich beweist, erleben, theile von Herzen; sehr vergnügt wär ich gewesen, wenn wir durch ihn das Bild des trefflichen Olbers hätten erhalten können. Wegen seines Gedichtes, welches wirklich Bewunderung und allen Beyfall erregt, hoff ich ihm etwas angenehmes nach Berlin zu erweisen. Von den kleineren Gedichten ist schon einiges im Chaos abgedruckt. Verzeihung solchem eiligen Worte, jetzt und künftig. Dank für alles Gute, meine besten Grüße Ihrer theuern Lebensgefährtin. Treu ergeben Weimar den 18. Juni 1830. J. W. v. Goethe.