1/30. An Ernst Wolfgang Behrisch Leipz. d 24. Octbr. 67. Gestern einen Brief von dir, und hier die Antwort. Ich hätte aber doch geschrieben wenn ich auch keinen gekriegt hätte; daß du es nur weißt, alle Sonnabends um 7 geht ein Brief an dich ab, wornach du dich zu richten hast. Dein Brief ist gut, denn er ist lang, meiner wird nach diesem Maasstabe nicht gut werden. Ich habe heut keine Schreiblaune. Ich verstehe jetzo ziemlich alles, was ich mit meinem eingeschränckten Verstande schwerlich würde errahten haben, wegen des lieben und verlieben. Es ist aber eine dumme Division und ich könnte nicht eben sagen, daß es mir das angenehmste wäre wenn mein Mädgen diese hohe Liebe für einen Dritten fühlen sollte, doch sagt ein großer Dichter: Ein Herz das Einen liebt, kann keinen Menschen hassen. Was dencken Sie von diesen Sentiment, ist würcklich was wahres drinne; aber NB. im Specialfalle, daß es Amine sagt, die diesen Schluß von sich gemacht hat. Ich habe durch mein undeutliches Schreiben den Mißverstand verursacht, daß du Roman für Romeo gelesen hast. Ja, mein wehrter Critikus, ich binn so frey gewesen einen neuen Plan zu Romeo und Julie zu machen, der mir besser scheint als Weissens seiner, doch das in parenthesi, unter uns. Es wäre ein verfluchter Stolz wenn ich's laut sagte. Dencke nur Richter, der auf der Mahler Akademie, hat gestern aus Grille angefangen mich Miniatur zu mahlen. Er hat mich in der Anlage recht hübsch getroffen, wenn er's nur nicht wieder verdirbt. Wir wollen um das Ding artiger zu machen, ihm etwas historisches geben, und zwar soll es Herzog Micheln bey dem: Ey ja du kämst mir eben. Vorstellen. Es ist hernach eine Fleurette wenn ich es meinem Mädgen schencke. Wie meynst du, könnte man nicht, wenn er reüßirte, so was mit Annetten wagen? Apropos, weil ich doch den Nahmen genannt habe und ich mercke daß er viel Stoff zu unsern Briefen geben wird; so muß ich varia supplementa ad hanc paragraphum anfügen: Hr. R. hat das Glück von ihr auf die Dauer geschoren zu werden weil er es nun mercken läßt daß er sich unter ihre Liebhaber rechent. Sie hat darinne eine närrische Manier, sie ist dem Leutenant, auch selbst diesem ganz günstig gewesen, biß sie sich verliebt stellten, hernach wars aus, und es scheint, als obs ihre Freude wäre, ihnen die Köpfe herumzudrehen. Mir selbst macht sie's nicht besser, nur daß sie mir ihre Macht auf eine andre Facon fühlen läßt. Auguste, ja das wäre gut, daß ich mich nicht in sie verlieben würde. Aber Teufel ich liebe sie doch recht sehr. Ihr dummer Zettel: Verzeihen Sie die Freiheit einer Ihnen gänzlich unbekandten Person, liegt so gut, als eins der besten Vigliettis in meinem Prachtkasten. Wüste es mein Mädgen. Ventresaintgris! Das würde mir den Kopf voll lärmen. Ich bin heute auf der Akademie gewesen, Hr. Graf nebst Hrn. Langer kamen auch. Sie scheinen sehr gut zusammen zu stehen. Ich war schlimmen Humors, und redete nichts, dafür redete der Professor und Langer desto mehr. Er will anfangen zu zeichnen. Er machte mir ein Compliment, eine Fleurette und noch was, ich weiß nicht was auf einmal; aber wie gesagt, ich konnte ohnmöglich viel antworten. Der Professor sagte heute zu mir, da ich über einige Schwürigkeiten verdrüßlich war: Seyn sie immer mit ihrem Zeichnen zufrieden, es wird nicht jedem so leicht wie ihnen, es wird schon werden. Das war groses Lob, worüber ich mich sehr freute. Ich will diesen Winter noch manches studieren, und hernach mit dem Märzen etwas nach Dreßden, und etwas an dich schicken. Gute Nacht. Auf den Sonnabend mehr.