37/92. An Carl Ludwig von Knebel Herrn Doctor Bran darf ich nicht abreisen lassen, ohne dich schriftlich schönstens zu begrüßen und zu versichern, daß es mir besser geht, als ich hoffen konnte. Freylich war mein Zustand seit diesem Winter allzu stockend, ich wußte kaum, ob ich noch lebte und zu wirken vermochte. Alles regt sich nun wieder, sowohl der Körper als der Geist. Die nächsten Umgebungen sind mannichfaltig gebessert und höchst erfreulich. Noch vor Thorschluß hab ich ein allerliebstes Quartier getroffen, denn jetzt findet niemand ein Unterkommen, wer nicht voraus bestellt hat. Der Großherzog befindet sich verhältnißmäßig sehr wohl, indem er einsichtigen und zusammenstimmenden Ärzten getreue Folge leistet. Die Gesellschaft ist sehr gut, man kann sagen glänzend; gestern ist noch der Herzog von Leuchtenberg angekommen. Schöne Frauen machen sich bemerken, zu Wagen, Pferde und Fuß; wöchentlich werden Bälle gegeben, und zu ernsterer Unterhaltung fehlt es nicht an gereiften Diplomaten und sonst erfahrnen Weltmenschen. Durch ein sonderbares Glück wohnen in meinem Hause nur Frauenzimmer, die still und verträglich sind; eine sogar ist passionirt für die Minearologie, und da hat sie, indem Stadelmann schon Centner von Handstufen zusammengeklopft, die erfreulichste Auswahl. Hiezu das Allerbeste und Nothwendigste, trocknes Wetter, manchmal bedeckten Himmel, manchmal klaren, oft auch heitern Sonnenschein; die schönsten Abende, wenn auch kühl. Und so sind mir seit meiner Abreise 14 Tage vergangen, die ich nicht anders als loben muß. Möge die Folge sich eben so verhalten und ich vernehmen, daß es euch wohlgehe. Vorläufig hat mich sehr gefreut zu hören, daß unser Weller von seinem Augenübel, weshalb ich ihn sehr bedauert habe, sich wieder befreyt findet. Tausend Gruß und Wunsch auf Wiedersehen! treu angehörig Marienbad den 11. Juli 1823. G.