6/1748. An Charlotte von Stein [Gotha, 14. Juni.] Ich versäume eine Gelegenheit nicht die sich mir anbietet dir zu schreiben. Ein Bote der nach Weimar geht nimmt diesen Brief mit. Man hat mich hier sehr freundlich empfangen, es ist alles auf dem alten Fus. Der Herzog hat ein Paar schöne Landschafften von Hackert die ich dir zu sehen wünschte, woran besonders die Fernen, und Himmel unglaublich schön sind. In dem englischen Garten ist es recht anmutig still und ruhig, das Monument das auf der Insel über dem Grabe der Prinzen steht recht hübsch und gut. Anstatt daß unser Herzog neuerdings alle Thüren und Brücken seiner Gärten und Anlagen eröffnet hat, so sind hier die Partien des Gartens gegen einander selbst verschlossen, und stellen Vorhöfe, Tempel und Heiligstes vor. Der Unterschied ist recht karackteristisch. Wenn ich etwas schönes sehe denck ich an dich, und wenn ich etwas guts geniesse wünsch ich dich zu mir. Schon sehn ich mich wieder zurück. Heute werde ich die Gyps Abgüsse sehn die der Herzog hat, und diesen Morgen des Prinzen August neues Gebäude und Anlagen besuchen. Wenn ich doch nur auch etwas von dir hören könnte! Ich kann dir nicht ausdrücken, welche Neigung, welches Verlangen mich zu dir zieht. Adieu liebe Lotte ich muß schliesen. Empfange mich wie du mich verabschiedet hast, und fühle daß mich nichts von dir trennen kann. Gotha Sonnabend nach Pfingsten 83. G. Grüse Fritzen recht schön und sag ihm er soll mir etwas fertig machen bis ich wiederkomme es sey gezeichnet oder geschrieben.