34/160. An Carl Müglich Das werthe Büchlein, welches auf Ihre Anordnung so eben von Neustadt erhalte, soll kurze Zeit bey uns liegen bleiben, bis ich meine jährliche Reise wieder antrete. Zu Hause von gewöhnlichen Geschäften, herkömmlichen Beschäftigungen, entschiedenen Liebhabereyen und sonstigen Bedingungen umgränzt, ist man weniger empfänglich für das, was uns aus einer fremden Welt zu kommen scheint; auf der Reise jedoch fühlt man sich freyer gesinnt gegen Menschen, Ereignisse und Schriften. Diese Verfahrungsart bringt besondern Gewinn, wenn irgend eine Schrift uns ahnen läßt, die Denkweise des Verfassers sey einigermaßen von der unsrigen unterschieden, er behandle einen Stoff, der uns nicht ganz zusagt. Möge, unter den mehrern Werken, die ich mir auf jene Zeit aufspare, das Ihrige zu Freude und Antheil sich hervorthun, und ich vielleicht gelegentlich erfahren, daß Sie sich immerfort wohl und thätig befinden. Herrn Kielmeyer meine aufrichtigst hochachtungsvollsten Grüße. Ergebenst Weimar den 16. März 1821. J. W. v. Goethe.