22/6299. An Carl Friedrich Zelter Als ich meinen Brief weggeschickt hatte. fühlte ich mich recht verdrüßlich, denn es war mir bey dieser Gelegenheit lebhaft geworden, was wir einander sind und seyn können; und nun schweigen wir auf die leichtsinnigste Weise eine ganze Zeit lang, eben als wenn wir tausend Jahre alt werden wollten und tausend gleiche Verhältnisse in der Welt gefunden hätten. Durch diese Betrachtungen bewegt nahm ich mir vor, Ihnen eine kleine Arbeit des vergangenen Jahrs zu senden, damit doch wieder etwas ordentliches zwischen uns zur Sprache käme. Die Cantate oder Scene, wenn Sie wollen, arbeite ich für den Prinz Friedrich von Gotha, der etwas dergleichen zu haben wünschte, um seine hübsche und gebildete Tenor-Stimme zu produciren. Capellmeister Winter in München hat das Werk sehr glücklich componirt, mit viel Geist, Geschmack und Leichtigkeit, so daß des Prinzen Talent in seinem besten Lichte erscheint. Nun behält er aber die Partitur für sich, welches ich ihm nicht verdenke. Aber warum sollte ich Ihnen das Gedicht nicht mittheilen, um wieder einiges Leben in unsere Unterhaltung zu bringen. – Leben Sie recht wohl und fahren fort mich zu lieben. Weimar den 17. April G. 1812.