2/161. An Demars [Frankfurt, Juli 1773.] Es ist Sommer, lieber Freund, und das ist keine Jahreszeit der Vertraulichkeit und Geselligkeit. Das eine lauft da, das andre dort hin, und so ist unsre schöne Sozietät zerfallen, und ich erhalte mit Noth die traurigen Reste. Ihreehemalige Liebste (:denn Abwesenheit des Mannes, wissen sie, scheidet in unserer Republik die Ehe:) hat sich in die Bäder begeben, um der Annehmichkeiten des Lärms und der glänzenden Welt zu geniessen; meine liebe Frau ist auf dem Lande, und das Regenwetter hat mir nicht erlaubt sie mehr als einmal zu besuchen. Die anderen sind auch bald da bald dort. Wann wirst du wiederkommen, wohlthätiger Winter, die Wasser befestigen, daß wir unsern Schlittschuhtanz wieder anfangen! Wann wirst du unsre Mädchen wieder in die Stube iagen, dass wir uns an ihnen wärmen, wenn Schnee und Reif die Extremitäten u[nseres] Körpers erstarrt haben. Und dann lieber Demars, sollen Sie auch hören wies geht, oder sich verändert und schreiben Sie mir auch. Hier schick ich Ihnen ein Drama meiner Arbeit. Sein Glück muß er unter Soldaten machen. Unter Franzosen, das weiß ich nicht. Adieu. Goethe.