22/6158. An N. N. in Prag [Concept.] Vor meiner Abreise von Weimar erhielt ich einen anonymen Brief aus Prag, datirt vom 10. April, worin mir ein junger Mann seinen Wunsch zu erkennen giebt, bey dem Weimarischen Hoftheater angestellt zu werden, und zugleich mir die Hoffnung macht, daß ich ihn vielleicht in Teplitz würde persönlich kennen lernen. Seit fünf Wochen befinde ich mich in Carlsbad; da ich dieß Jahr nicht nach Töplitz sondern gerade zurück nach Weimar gehe, so will ich durch Gegenwärtiges die bisher unterlassene Antwort ertheilen, welche jedoch leider nicht jenen Wünschen gemäß erfolgen kann. Die Lage des Weimarischen Theaters ist anjetzt von der Art, daß eine Vermehrung des Personals nicht räthlich scheint. Gerade in den Fächern, in welchen sich der Ungenannte etwas zutraut, sind schon mehrere Competenten angestellt, welche sich öfters die Rollen streitig machen. Es thut mir daher leid, dieses zu melden, und würde ich bey persönlicher Bekanntschaft sowohl hierüber, als über die dramatische Kunst selbst sehr gern weitläuftiger gesprochen haben. Gegenwärtig aber bleibt mir nichts übrig als zu wünschen, daß jenes Bestreben auf einem andern Wege möge von Glück begünstigt werden. Carlsbad den 23. Juny 1811.