38/108. An Carl Friedrich Zelter Heute früh ist Geh. Rath Wolf abgefahren; ich schweige über den Eindruck seiner Gegenwart und begreife nicht wie weit er kommen will; doch das gibt sich bey einer solchen Unternehmungsweise. Das Choralbuch ist wieder zurück; ich wünschte es hätte dich mehr erbaut. Mir ist diese Sendung freylich zum Vortheil gerathen da du so gute und löbliche Worte hinzuzufügen wußtest. Der Ritterguts-Besitzer Herr Schultze auf Heinrichsdorf bey Bahn in Pommern, als Hauptordner des Festes in Möglin und Freyenwalde, wird wohl bey dir Gedichte und Composition abgeholt haben; ich danke zum schönsten daß du mir auf dieses Gesuch hast willfahren wollen. Die Melodie und Ausführung ist gar erfreulich, ich möchte wohl hören wie sich diese landwirthlichen Kehlen darein zu fügen wissen. Sie haben aber, wie ich höre, doch einige Musiker mit in den Kreis gezogen. Möge der Tod Jesu dir auch dießmal ein frohes Osterfest bereitet haben; die Pfaffen haben aus diesem jammervollsten aller Ereignisse soviel Vortheil zu ziehen gewußt, die Mahler haben auch damit gewuchert, warum sollte der Tonkünstler ganz allein leer ausgehen. Mein Messias, zwar nicht im Strickbeutel, aber doch in der Nuß, bringt mir auch Gewinn, der Begriff wenigstens wird lebendig und da ist für unsereinen schon viel geschehen. Dem Gedanken, daß es eine Sammlung sey, ein Zusammenstellen aus einem reichen Vorrath von Einzelheiten bin ich nicht abgeneigt: denn es ist im Grunde ganz einerlei, ob sich die Einheit am Anfang, oder am Ende bildet, der Geist ist es immer der sie hervorbringt und im christlichen, alt-neutestamentlichen Sinne lag sie ohnehin. Eben dieß mag am Ende für den Homer gelten, nur muß man es Wolfen nicht sagen, welcher, wenn man ihm Recht gibt, versichert man verstehe es nicht. Und so lebe denn recht wohl! ich sage dieses damit das Blatt gleich fortkomme, denn das schöne Wetter nimmt uns viele Stunden im Freyen weg; da man denn erst mit Entsetzen gewahr wird was für eine elende Person man im Winter spielt. Möge dieß Frühjahr dir auch zum besten gedeihen; übrigens habe ich Arbeiten vorgenommen die mich vielleicht bis Michaelis zu Hause halten. treulichst Weimar den 28. April 1824. G.