44/148. An Friedrich Jacob Soret Sie haben mir, mein Werthester, durch die Abschrift eines Gedichtes das unläugbarste Zeugniß gegeben, daß Frau v. Bechtolsheim fortfährt, sowohl in geselliger als poetischer Anmuth sich musterhaft zu beweisen. Sagen Sie von mir die freundlichsten Grüße zu Erinnerung schöner jugendlicher Tage. Dagegen will ich mich auch mit einer Abschrift legitimiren, woraus Sie ersehen werden, wie Herr De Candolle zwey Schulen einander gegenüberstellt und die beiderseitige Methode vereinigen zu wollen den Vorsatz ausspricht. Inwiefern wir also hievon den Anlaß nehmen, uns ihm zu nähern und uns nach seiner Weise auszudrücken, so haben wir auf alle Fälle gewonnen. Den alten Joachim Jungius , dessen seltene Schriften, auf die er uns hinweis't, sich auf der jenaischen Bibliothek glücklicherweise befinden, studir ich sehr ernsthaft, um zu erfahren was ich mit diesem grauen Vorgänger gemein habe; bisher war er mir unbekannt geblieben. Über diese Dinge zu Franzosen zu sprechen wird jetzt um soviel leichter als vor Jahren, da gerade gegenwärtig Herr Cousin, von der deutschen Schule ausgehend, die Hauptfragen, die einer jeden Methode zum Grunde liegen, auf eine faßliche Weise zuerörtern bemüht ist. Es ist das alte, sich immer erneuernde, mit einander streitende, sich unbewußt immer helfende, in Theorie und Praxis unentbehrliche analytische und synthetische Wechselwirken ; dessen vollkommenes Gleichgewicht immer gefordert und nicht erreicht wird. Gedenken Sie mein bey Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin und bemerken bescheidentlichst daß Dr. Sulpiz Boisserée eilig und ängstlich nach Höchst Ihro Befinden sich erkundigt und mich beschworen, ihm baldigste Nachricht zu ertheilen. Ihro Königlichen Hoheiten dem Herrn Landgrafen Christian von Darmstadt so wie dem Herrn Herzog Bernhard von Weimar bitte auch mein Andenken geziemend zu erneuern. Aufrichtig dankend für jede Mittheilung und für die guten Nachrichten von Freunden und Angehörigen. Ihrem lieben Erbprinzen von mir und meinen Knaben die besten Empfehlungen; lassen Sie mich ja nicht ohne Kenntniß von dortigen Zuständen. treulichst Weimar den 2. Juli 1828. J. W. v. Goethe.