3/503. An Johann Kaspar Lavater [Weimar 25. – 30. August 1776.] Sonntag Nachts. Ich will wenigstens wieder einmal einen Brief an dich anfangen, dass wir uns nur einmal wieder berühren. Eine herrliche Mondennacht! ich bin über die Wiese nach meinem Garten eben heraus gegangen, habe mich in Nacht Dämmer gelezt und dencke an dich. – Lieber Bruder dass du iust so geplagt seyn must zur Zeit da ich so glücklich bin. Da mir das Schicksaal einen ganz reinen Moment bereitet, dass ich nicht müsig sey eine würckende Entfaltung für die Zukunft. Gute Nacht. Montag d. 26. Heut ist deine Büste von Frankfurt angekommen glücklich. Hat mir viel Freude gemacht. Hier hast du einen Schatten vom Herzog. – Ich fühl erst iezo wie weit wir aus einander kommen sind, ich kann dir nichts schreiben. Resultate und Abstracktionen mag ich nicht, Geschichten und Einzelnheiten kann ich nicht. Freytag d. 30. Ich will dir nur das grade schicken. Denn mehr kann ich doch iezt nicht sagen. Grüs Bäben danck der herzlichen für Ihren Brief. Hier ein paar Zeilen reinen Gefühls auf dem Türinger Walde geschrieben d. 3. Aug. Morgends unter dem Zeichnen. Dem Schicksaal. Was weis ich was mir hier gefällt In dieser engen kleinen Welt Mit leisem Zauberband mich hält! Mein Carl und ich vergessen hier Wie seltsam uns ein tiefes Schicksaal leitet Und, ach ich fühls, im Stillen werden wir Zu neuen Scenen vorbereitet. Du hast uns lieb du gabst uns das Gefühl: Dass ohne dich wir nur vergebens sinnen, Durch Ungeduld und glaubenleer Gewühl Voreilig dir niemals was abgewinnen. Du hast für uns das rechte Maas getroffen In reine Dumpfheit uns gehüllt, Dass wir, von Lebenskrafft erfüllt, In holder Gegenwart der lieben Zukunft hoffen. Ade grüs Kaysern danck ihm für die Musick. Denckt denn dein Wibele noch an mich und hat sie mich noch lieb. Der Gräfinn Wartensleben hab ich gerathen ihren Sohn nach Dessau zu thun. Hier ihre Silhouette. Schreib mir doch! G. Was sagst du zu dieser, durchs verkleinern und ausschneiden noch unendlich verrenkten Weiblichkeit?