40/142. An den Senat der Universität Jena [7. December 1825.] Eine unausgesetzte Theilnahme, wie ich sie seit vielen Jahren an der Akademie Jena erwiesen, war eine der schönsten Pflichten, welche die große Thätigkeit eines verehrten Fürsten mir auferlegen legen konnte. Ich darf mir schmeicheln, daß Beweise vorliegen, wie ich von jeher alles beyzutragen dachte, um daselbst nothwendige, den Wissenschaften unerläßliche, einzelne Anstalten zu gründen; nicht weniger, wie ich in derselben Gesinnung und gleicher Vorsorge bis in die letzten Tage fortgefahren. Wie hoch ich daher die Aufmerksamkeit zu schätzen weiß, welche mir von seiten der verehrungswürdigen Gesammtheit, an dem durch Serenissimi Gnade vorgreifenden Fest einer fünfzigjährigen Dienstfeier, geneigtest erwiesen worden, halte ich für Pflicht, wenn auch nur mit wenigen Worten, dennoch tief empfunden, hier auszusprechen. Ich muß gerührt seyn, wenn ich überdenke und mir vergegenwärtige, wie ich bey meiner ersten Ankunft einen Landsmann und nahen Familiennachbar, den unvergeßlichen Griesbach , schon zum Besten Jena's eifrigst beschäftigt fand; wie ich an ihm, und in der Folge an so vielen andern, je mehr ich mich in die Wissenschaften versenkte, den treusten Beystand, die redlichste Förderung gefunden. Nun aber muß ich mich höchlich erfreuen, daß ich bis auf den heutigen Tag noch immer Jena und Weimar wie zwey Enden einer großen Stadt anzusehen habe, welche im schönsten Sinne geistig vereint, eins ohne das andere nicht bestehen könnten. Wenn ich von den vielen mir immer am Herzen bleibenden wissenschaftlichen Anstalten meine Sorgfalt nicht abwenden kann; so gereicht es mir zum größten Vortheil, auch von dorther in wissenschaftlichen und literarischen Unternehmungen erwünschtes Mitwirken und Eingreifen zu erfahren. Da ich nun ein solches Verhältniß im Allgemeinen bis an das Ende meines Lebens als nothwendige Verwandtschaft zu ehren habe; so wüßte ich nichts mehr zu wünschen, als daß auch die einzelnen Glieder dieser großen Corporation mit Wohlwollen und Neigung mir zugethan bleiben mögen: denn wechselseitig freundlich-treue Gesinnungen fördern allein das was in der Stadt Gottes und der Sitten am dringendsten verlangt und am unerläßlichsten gefordert wird. Mit Eifer werde ich daher jede Gelegenheit, so lang es mir vergönnt ist, ergreifen, um wie im Laufe meines Lebens, so auch fortan das in Worten Ausgesprochene, in der Wirklichkeit zu bethätigen. Weimar den 24. November 1825. J. W. v. Goethe.