10/2995. An Christiane Vulpius Marienborn d. 3. Jul. 93. Du bist ein recht liebes Kind daß du mir soviel schreibst dagegen sollst du auch wieder gleich von mir einen Brief haben. Das Wetter war 14 Tage hier eben so schlimm als es bey Euch nur seyn konnte. Erst verfror der Weinstock und dann hatten wir Kälte, Regen, Sturm und mußten unter unsern Zelten viel erdulden. Jetzt ist es desto schöner, nicht gar zu heiß. Besonders sind die Nächte gar angenehm. Wenn wir nur nicht das traurige Schauspiel ansehen müßten daß alle Nacht die Stadt bombardirt wird und nun so nach und nach vor unsern Augen verbrennt. Die Kirchen, die Thürme, die ganzen Gassen und Quartiere eins nach dem andern im Feuer aufgeht. Wenn ich dir einmal davon erzähle wirst du kaum glauben daß so etwas geschehen könne. Tröste dich ja über deine Gurcken und sorge recht schön für alles, du machst mir recht viel Freude dadurch. Wir wollen ja aneinander fest halten, denn wir fänden es doch nicht besser. Behalte mich ja lieb wie ich dich. Meine Mutter hat dir geantwortet, es wird dich gefreut haben. Sie denckt gar gut gegen dich. Wenn kein Zwirn bey den Sachen lag, so muß ich ihn vergessen haben einzupacken vielleicht liegt er noch zu Hause bey dem Bügeleisen und andern Sachen. Wegen des Häußchens habe ich dem Herrn Geh. Ass. Rath Voigt geschrieben. Den Wein kann ich nicht schicken biß die Hitze nachläßt. Grüße aber indeß den Bauverwalter und sage ihm daß er ein Fäßchen haben soll. Er mag doch auch mit dem Gärtner ein vernünftig Wort reden, daß nichts stockt. Nimm dich auch hübsch in Acht daß du dir und dem Ankommenden nicht schadest, küsse den Kleinen und behalte mich recht lieb. G.