44/114. An Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard Ew. Wohlgeboren verbindliches Schreiben hätte nur allzu gern persönlich erwidert, leider verspätet sich mein Besuch und mancherlei Umstände machen ihn zweifelhafter. Der Monat Juni ist durch ein freylich sehr angenehmes und ehrenvolles Ereigniß genommen. Auf Befehl Ihro Majestät des Königs von Bayern befindet sich dessen Hofmahler Herr Stieler gegenwärtig hier, um mein Porträt zu nehmen, wozu er schon den glücklichsten Anfang gemacht hat. Möge dieses Bild, wenn es durch Kupferstich oder Lithographie verbreitet wird, auch meinen Leipziger Freunden eine geneigte Erinnerung geben. Herrn Specks interessanter Katalog ist freylich in meinen Händen; es war mir nur aus den Gedanken gekommen, daß auch die Antiken, die ich immer im Auge habe, darin verzeichnet sind. Empfehlen Sie mich dem werthen Mann und Kunstfreund auf's beste, nicht weniger allen dortigen Gönnern und Freunden. Wie es die folgenden Monate mit mir werden kann, ist noch ungewiß; indessen überzeugen Sie sich, daß ihre freundliche Einladung mir stets vor Augen schwebend bleibt. Hochachtungsvoll Ew. Wohlgeb. ergebenster Diener Weimar den 8. Juni 1828. J. W. v. Goethe.