39/12. An Friedrich Münter [Concept.] [Mitte November 1824?] Hochwürdiger Hochverehrter Herr! Freylich muß ich das Datum Ew. Hochwürden längst erhaltenen Schreibens ansehen und bedenken, wenn ich mich zu gegenwärtigem entschließen soll; so viele meiner Briefe sangen mit Entschuldigung verspäteten Schreibens an, daß beynahe daraus endlich stereotypische Phrasen geworden sind. Möge Gegenwärtiges, will ich lieber gleich anfangen, Sie in gefunden und behaglichen Zustande finden, damit sich die Erinnerung frey in jene Zeiten bewegen könne, wo wir, unter herrlichem Himmel, bedeutender Tage genossen. Die Züge Ihrer so hochgeschätzten Hand wieder zu sehen gab mir ein höchst angenehmes Gefühl; denn diesen Vorzug darf sich das Alter nicht nehmen lassen daß es eine lange Reihe von Jahren, mit den Trefflichen seiner Zeit in gutem, frohen, vertraulichen Verhältniß zugebracht. Auch Ihre Thätigkeit ist mir immer nah geblieben, und sie hat mich theils durch Freunde, theils durch Druckschriften gar fördernd eingewirkt. Ich darf hier der Odinischen Religion gedenken, und Heftes das mir wie wenige willkommen war. Von Kindheit auf, möcht ich wohl sagen, mit den nordischen Legenden im Allgemeinen bekannt fiel mir, bey wachsender Überlegung, der Zwiespalt gar bedenklich auf welchen jene religiose Denkmale ganz unverholen aussprechen; denn es kann wohl kein größerer seyn, als Götter verehren die sich unter einander selbst immer zum besten haben, von Zauber- und Naturkräften immer verhöhnt werden. Diese Mißgefühle, diese unerfreulichen Betrachtungen trug ich lang mit mir herum, theilte sie Freunden mit, die aber so wenig wie ich das Anstößige zur Klarheit bringen konnten. Wie sehr also jenes Heft mir zu Hülfe kam sagen Ew. Hochwürden sich selbst und noch liegt es neben mir auf meinem Pulten und erneut seine früheren Vortheile sobald ich meine Aufmerksamkeit wieder in jene Regionen wende.