38/61. An Carl Friedrich Zelter Nach kurzer Zeit, mein Guter, tret ich wieder vor und zwar dießmal mit Wunsch und Ansinnen; vernimm also wovon die Rede ist. Es liegt ein Gesang bey, zu dessen Erklärung Folgendes nothwendig seyn möchte: der Staatsrath Thaer , von dem du im Allgemeinen und Besondern gewiß Kenntniß hast, erreicht am 14. May sein 73. Jahr. Zu diesem Tage werden seine weitverbreiteten Schüler bey in Mögelin zusammen kommen, sie gedenken ihm ein stattliches Fest zu geben. Dazu wünschen sie nun nagelneue Tischlieder und haben sich deshalb nach Weimar, als dem eigentlichen Stapelort deutscher Dichtkunst, mit zierlicher und ziemlichen Bitten gewendet. Auch sind die Freunde dergleichen zu leisten nicht abgeneigt. Und so kam denn auch mir beygehendes Lied in den Sinn, zu dessen vorläufigem Verständniß ich folgenden Commentar schreibe. Strophe 1. Thaer, ein im Praktischen wie im Theoretischen geschätzter Arzt, sieht sich nach einer froheren Unterhaltung in der Natur um, gewinnt die Gärtnerey lieb. Strophe 2. Allein er sieht sich hier bald beengt und sehnt sich nach einem weitern Wirkungskreis; wendet seine Aufmerksamkeit dem Feldbau zu. Strophe 3. Er nimmt die englische Landwirthschaft wahr und die ganz einfache Maxime: daß bey größerer Thätigkeit und verstandsgemäßer Umwendung des Bodens weit höherer Vortheil als bey dem bisherigen Schlendrian zu gewinnen sey. Strophe 4. Und so weiß er denn die Landwirthe zur Wechselwirthschaft aufzuregen, erwirbt sich Schüler und Nachfolger, die seine Lehre und Anleitung probat finden und ihm jetzt in hohem Alter einen öffentlichen und lauten Dank vorbereiten. Möge dich dieses Lied, von einer großen Zahl Landwirthe bey Tafel zu singen, zu einer heitern Composition aufregen; es ist ein Fest das nicht wieder kommt, und ich wünschte daß unsere beiden Namen hier zu gleicher Zeit ausgesprochen würden. Der Mann gehört zuerst Preußen, sodann aber auch der Welt an, sein Ruf und Ruhm sind gründlich, und so darf man denn wohl etwas unternehmen um sich mit ihm und den Seinigen zu erfreuen. Mögest du mir bald eine wohlgelungene Partitur überschicken, die ich alsdann weiter besorgen wollte; vorerst wünschte ich daß es unter uns bliebe. Hast du wenig Notiz von dem Manne, so darfst du nur deine nächste Umgebung fragen und sie sagen dir soviel um Theilnahme zu befördern. Auch kommt vielleicht von diesen hin- und herreisenden Schülern desselben jemand an eure Liedertafel, oder auch später, so könnt ihr einen solchen Gast nicht besser bewirthen. Bey mir geht das Getreibe täglich fort und ich bin vergnügt daß ich mich darin aufrecht erhalte. Lebe wohl und liebe wieder auf den Beinen, Weimar den 11. März 1824. G.