35/22. An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck Indem ich vor meiner Abreise in die böhmischen Bäder das Brief-Unterlassungs-Sündenregister überschaue, erblicke ich leider Ew. Hochwohlgeboren werthen Namen beynahe ganz zu oben; es beschämt mich nicht, aber betrübt mich, indem ich mir die Ursache meines bisherigen Schweigens vergegenwärtigen muß. Schon mehrere bereits dictirte Briefe sind liegen geblieben, weil ich nicht weiß, wie das am schicklichsten zu sagen wäre, was zu sagen ist. Bekenn ich also nur kürzlich, daß Sie mich durch Ihren Paragraphen » Von der Farbe der Pflanzen« tief gekränkt haben. Hiermit sey es genug und ich füge nur noch den treuen Wunsch hinzu; daß ein so schönes in spätern Zeiten mir gegönntes Verhältniß nicht ganz und gar hiedurch zerstört seyn möchte. Indessen kann ich nicht umhin, in meinem nächsten wissenschaftlichen Hefte mich unbewunden darüber zu erklären. Leider weiß ich aus einem langen Lebensgange, daß dergleichen Mißstimmung zu beseitigen viele Jahre gehören, dergleichen mir nicht übrig bleiben. Möge Ihnen alles zum Guten und Besten gedeihen. Herstellung eines heitern, guten Vernehmens wünschend. Weimar den 21. Juli 1821. G.