33/153. An Sulpiz Boisserée Leben schafft Leben. Ihre freundliche Sendung vom 28. August regte mich an, zu einem heute eintretenden Geburtsfest einer gar hübschen Frau, jene Darstellung fortzusetzen; ich ließ nämlich Ihre Münzabbildung, gar säuberlich verziert, auftragen und schrieb folgende Reime darunter: Zwar die vierundzwanzig Ritter Ehren wir in allen Fällen, Doch auch Fräulein sind nicht bitter, Wenn sie sich dazwischen stellen. Heute lasset mich beachten Solche lieblichsten Vereine, Wenn sie bunte Reihe machten Die Ziegesar und die Steine. Kämen sämmtlich angezogen Dieser Stämme frohe Lichter; Würden Könige gewogen Und begrüßten sie die Dichter. Und besonders aber Eine, Welche wir zu segnen kamen; Freunde nennen sie die Kleine, Sie verdient gar viele Namen. Bey meiner Lust zu Gelegenheitsgedichten macht es mir immer Vergnügen, wenn ein Bild sich aus dem andern, Scherz aus dem Ernste und Ernst aus dem Scherze sich entwickelt. Und hier tritt gerade der Fall ein, daß beide genannte Familien auch zahlreiche Nachkommenschaft haben, alle rüstig, wohlgebildet und an Hofe präsentabel. Empfehlen Sie mich Herrn Dannecker vielmals. Er hat mir einen jungen Musicus empfohlen, der mich in Weimar nicht getroffen hat und hierher zu kommen keinen Beruf finden konnte. Unter den plastischen Zierden jenes Monuments gedenken Sie einer Lampe, welche, als herkömmliches Zeichen eines geistigen Fleißes, allerdings zu billigen ist. Nun mache ich aber die Bemerkung, daß ich weder Abends, noch in der Nacht jemals gearbeitet habe, sondern blos des Morgens, wo ich den Rahm des Tages abschöpfte, da denn die übrige Zeit zu Käse gerinnen mochte. Deshalb diese Allegorie etwas weiter geführt wünschte, wie die Figur ausweist. (Kommt nach.) Hierauf folgt eine Bitte: ich wünschte in meinem folgenden Hefte (des zweyten Bandes drittes Heft ist so eben geendigt) eine Nachricht zu geben von dem Verfasser der Dreykönigs-Legende, ausführlicher als der Umschlag des vorigen Stücks sie lakonisch hingiebt. Sein wunderliches Leben ist wirklich merkwürdig; Sie haben alles gegenwärtig, und der Redacteur der Übersetzung wird ohnehin in der Vorrede darüber sprechen, vielleicht übernimmt er die kleine Bemühung selbst. Man könnte noch irgend etwas vom lateinischen Manuscript, sodann von der Heidelberger deutschen Übersetzung etwas sagen, auch das Unternehmen, diese lesbarer herauszugeben, vorläufig ankündigen. Das Publicum würde dadurch wieder erinnert und angeregt, welches in Deutschland, bey dem zudringenden Schwall der Schriften aller Art, höchst nothwendig ist. Lassen Sie sich, Freunden und Freundinnen ein Gedicht empfohlen seyn: Olfried und Lisena. Ein Gedicht in Stanzen und zehn Gesängen von August Hagen, Königsberg. Folgendes Urtheil eines einsichtigen jungen Freundes trifft mir meiner Überzeugung völlig überein und wird auch der Ihrigen zusagen. Freylich gehört ruhiger Sinn und gelegene Zeit zum Genuß dergleichen Productionen. »Olfried und Lisena von August Hagen habe sogleich zu lesen angefangen und den ersten Gesang vollendet. Hiernach zu urtheilen, scheint der junge Dichter sehr glücklich die Aufgabe gelöst zu haben, wie das Märchenhafte, Abentheuerliche, Seltsame auf eine erfreuliche Weise mit bekannter, gewohnter menschlicher Sinnesart in Verbindung zu setzen sey. Alles scheint auf ein heiteres, reines und sehr sanftes Naturell, mit gelindem Schwunge einer der Fülle und Stärke gar nicht entbehrenden Einbildungskraft zu weisen. Die griechischen Überschriften scheinen anzudeuten, daß der Dichter seinen Sinn an Humor glücklich bewahrt und genährt. Mit Interesse werde ich das Ganze vollenden, mich davon zu durchdringen suchen, um die geforderte Rechenschaft ablegen zu können.« treulichst Jena den 11. September 1820. Goethe.