21/5984. An den Herzog Carl August Das zu fertigende Pferdeskelet betreffend. Eure Durchlaucht haben befohlen, daß dieses Skelet natürlich werden, d.h. im Zusammenhange seiner Bänder bleiben soll. Dabey macht Hofrath Fuchs mit mir folgende Bemerkung. Die sogenannten natürlichen Skelete haben, besonders bey großen Körpern, die Desavantage, daß indem die Bänder eintrocknen und zusammenschrumpfen, weder Maaß, noch Verhältniß, noch Stellung richtig und dem Auge angenehm bleiben. Es kommt noch dazu, daß die Knochen nicht gebleicht werden können, daß also das Ganze immer einen unangenehmen Eindruck macht. Auch ist die Aufstellung in manchem Sinne beschwerlich. Bey dem Pferde ist eigentlich nur das Ligamentum nuclae bedeutend, das den Hals in der Höhe hält. Dieses ist aber zur Demonstration schon genugsam an dem Exemplar ersichtlich, was im osteologischen Saal steht und wäre deshalb wohl an dem neuen Skelet entbehrlich. Sieht man nun dagegen das schöne Hirschskelet an, welches wir Ew. Durchlaucht Vorsorge verdanken, so entsteht freylich der Wunsch, das Pferdeskelet eben so künstlich und zierlich, nachdem die Knochen gebleicht worden, mit Drähten zusammengehängt zu sehen. Dazu kommt noch eine Hauptbetrachtung: daß jenes Skelet mit Ligamenten durch den Prosektor gemacht werden müßte, welcher nie gewohnt ist, zu thun, was man ihm befiehlt, selbst wenn man es ihm bezahlt, und weder ich noch Hofrath Fuchs können garantiren, daß das Skelet jemals fertig werde. Es ist sogar möglich, daß er es verfaulen läßt, da man denn zuletzt ein künstlich Skelet noch immer als pis aller würde machen müssen. Der Anatomiediener hat in künstlicher Zusammensetzung von Thierskeleten bisher so viel Beweise seiner Accuratesse und Geschicklichkeit gegeben, daß wir ihm sehr gerne nach unserer Überzeugung das Pferd zur Reinigung, Bleichung und endlichen Zusammensetzung der Knochen übergeben würden und versichert sind, daß er etwas sehr Lobenswürdiges zu Stande bringen werde. Doch möchten wir ohne Ew. Durchlaucht ausdrückliche Genehmigung nicht von dem ausdrücklichen Befehl abgehen. Jena den 8. May 1810. Goethe.