40/14. An Carl Ludwig von Knebel Wäre der junge Mann, theurer verehrter Freund, dessen du dich annimmst, der Sohn eines Mahlers, hätte er von Jugend aufgekritzelt und gezeichnet, angestrichen und gepinselt, gesudelt und gemahlt; so wär er freylich jetzt auf einem Flecke, wo man ihm forthelfen könnte und sollte. Nun aber, bey aller nicht zu läugnenden Fähigkeit, würden Jahre hingehen, bis er ein verkäufliches Bild hervorbrächte, und wo sind zuletzt die reichen Liebhaber, die einen schon gebildeten Künstler gehörig unterstützten? Ich kann in meinem Kreise nichts für ihn thun, indem ich, bey sehr eingeschränkten Mitteln, die schon vorhandenen, hier gezogenen, geschickten Menschen einigermaßen fördern muß; wenn ich es aber auch könnte, so würde ich ihm durchaus abrathen, da ihm auf seinem Lebensgange eine Versorgung angeboten ist; ja ich muß dich inständig bitten ihn nicht irre zu machen. Unter unsern Schülern sind junge Leute, die es in der Kunst sehr weit gebracht haben und die deswegen doch auf ihrer bürgerlichen Geschäftsbahn fortgehen. Möge der junge Mann sein Amt treulich verwalten und daneben seine Pfarre mit hübschen Bildern schmücken, wie ein anderer ein angenehmes Gedicht macht, indem er als Geistlicher eine würdige Stelle einnimmt und vielfachen Nutzen bringt. Wir wollen sein Gemählde nächstens mit ausstellen; er komme hierher und beurtheile sich selbst; ist er sodann in seine Pfarre eingerichtet so kann man ihm mit guten Mustern zur Hülfe kommen und er ungestört Fortschritte machen, die seinen Geist erheben, indem sie seinen Geschmack reinigen. Es muß nicht gleich alles zum Handwerk werden, was unserm Daseyn zur Zierde gereichen kann. Besseres wüßte ich nichts zu sagen, da ich die Zustände im Einzelnen durchschaue und nichts trauriger kenne als einen ausgebildeten Künstler, der keine Bestellungen hat und für seine fertigen Bilder keine Abnehmer findet. Nimm dieses wenige Wohlgemeinte freundlich auf, ich spreche aus Sinnes- und Herzensgrunde; aufrichtig währt am längsten und wirkt am sichersten. Mögest du froh dich wohl befinden; ich mich über meine Zustände nicht zu beklagen; nur das ist mir peinlich, daß ich dich und so manches was mich in Jena interessirt, nicht von Zeit zu Zeit heimsuchen kann. treu theilnehmend Weimar den 19. August 1825. Goethe.