5/1446. An Charlotte von Stein Gerstungen Abends d. 5. Aprill 82. Als wir von Creutzburg weggiengen erhielt ich deinen lieben Brief vom zweyten. Deine Worte kommen mir mit den Frühlingslüfften gar zu lieblich entgegen, und rufen mich zu dir hinüber. Manchmal fühl ich recht mit Ungeduld daß ich dich noch so lange entbehren muß. Bewahre mir deine Liebe in der Stille und gieb mir auf einmal was mir die Entfernung versagt. Der Herzog ist gar gut, und verständig – und ich mercke daß ich so durchaus müde bin daß ich nicht weiter schreiben kann. Hier ein Brief von Knebeln. d. 6ten früh. Der Herzog ist weggeritten wir treffen uns zu Mittage wieder in Bercka. Das Wetter ist gar zu schön, und ich hoffe es soll bleiben, da ich denn Morgen einen Spaziergang auf den Craynberg machen und vielleicht etwas zeichnen will. Möge dir die Sonne so freundlich scheinen wie mir, und du so wohl seyn als ich's wünsche. Am Egmont ist nichts geschrieben die Zerstreuung lässts nicht zu. Hier ist ein Bogen von Lavaters Pilatus. Ich kan nichts drüber sagen. Die Geschichte des guten Jesus hab ich nun so satt, daß ich sie von keinem als allenfalls von ihm selbst hören mögte. Lebe wohl. Dieses geb ich dem Herzog mit. Und schreibe dir bald wieder. Adieu. O daß doch schon die vielen Berge überstiegen wären die mich von dir trennen. G. Donnerstags d. 18ten Geh ich von Illmenau auf Weimar, wenn mir doch da etwas freundliches halbweegs begegnen könnte.