31/119. An Johann Friedrich Rochlitz Daß Ew. Wohlgeboren nicht schon längst auf Ihren werthen Brief geantwortet, ist der verspätete Druck beykommenden Heftes eigentlich Schuld. Nehmen Sie es freundlich auf und gedenken dabey vergangener Zeiten. Briefe, wie Sie solche wünschen, finden sich wohl unter meinen Papieren. Leider verbrannte ich 1797 eine zwanzigjährige geheftete Sammlung aller eingegangener Briefe, die ich meinen biographischen Arbeiten sehnlichst zurückwünschte; die neueren, bis auf wenigen Jahre, stehen in Kisten geschlagen in Bodenkammern, wo jetzt unmöglich zu arbeiten ist. Ferner habe ich eine schöne Sammlung eigenhändiger Briefe der Schriftzüge wegen gesammelt, auch diese will ich durchgehen, um etwas für Sie herauszufinden. Nur gegenwärtig bitte um Geduld! Außer mancherley äußern Zudrang habe ich noch meinen Divan auf Messe zu bringen und was dergleichen mehr ist. Nun noch eine vertrauliche Frage, die ich mir baldigst zu beantworten bitte. Nach der augenblicklichen Erschütterung von Jena möchten wohl auch die Griechen daselbst, zwölf an der Zahl, auswandern. Ich kenne mehrere davon, vorzügliche, fleißige und stille Menschen. Sollten sie wohl sämmtlich oder zum Theil in Leipzig Unterkommen wenn sie sich gebührend meldeten? Sagen Sie mir, da Sie die dortige Constellation kennen, wie Sie hierüber denken, es soll, was Sie mir vertraulich äußern, niemand erfahren. Über die wunderlichen Zustände des Tages kein Wort, jeder muß diese Vorfälle bei sich selbst verarbeiten. Mit unwandelbaren Neigung und Vertrauen Weimar den 4. April 1819. Goethe.