43/3. An Samuel Thomas von Sömmerring Das unschätzbare Facsimile, welches wir, hochverehrter Freund, Ihrer Geneigtheit verdanken, hat uns, mir und meinem Sohn, das größte Vergnügen verschafft. Bey'm ersten Anblick überrascht, bildet man sich ein, das Original in Händen zu haben; enttäuscht, vergnügt man sich über die glückliche Nachbildung. Dieses Geschöpf ist fürwahr, wie mehrere der urweltlichen Thiere, sinnverwirrend, man weiß nicht gleich was sie mit ihren Gliedern anfangen sollten; so hier, was der verlängerte Finger soll? In dieser Unwissenheit wandte man sich sogleich an die Wissenden. Die erste Darlegung Collini's, die eigentliche Auslegung, die wir Ihnen durch Rectification und Vervollständigung schuldig geworden, besonders aber zuletzt die Herstellung der beiden Thiervögel-Skelette in ihren natürlichen Zustand gaben völlige Klarheit, verdoppelten, verdreyfachten das Interesse. Abzeichnungen, besonders der zuletzt gemeldeten Restaurationen, werden in dem Kabinett mit aufbewahrt und so das Andenken an den würdigen alten Freund für und für geehrt und erhalten. Denn wo hat derselbe auf einem langen thätigen Lebensgange nicht hingewirkt? Und Sie verzeihen gewiß, wenn ich frage: Haben Sie nicht von dem, was Sie leisten und förderten, sich selbst und Theilnehmenden einige nähere Notizen aufgesetzt? Ist doch sogar mir nicht alles bekannt, was Sie durch Erfindung, Fortleitung und Aufmunterung in's Jahrhundert gewirkt. Der Welt bleibt vieles unbekannt, von der Nachwelt wird das Bekannte vergessen, engherzige Mitlebende und anmaßliche Nachkömmlinge verdüstern und obliteriren vieljährige folgenreiche Bemühungen, bis zuletzt historisches Interesse, wenn es nicht gar unruhige Spätgierde zu nennen ist, mit der Anfrage nach Memorien, Lebensnotizen, Briefen und sonstigen Papierschnitzeln nicht enden kann. Gedenken Sie Ihrer selbst, der Mitlebenden und der Folgewelt. Was Ihnen vielleicht nicht beliebt, möge dem Sohn zur Pflicht werden. Lassen Sie uns hinfort einiger Mittheilung genießen. treu anhänglich Weimar den 12. August 1827. J. W. v. Goethe.