Kinderverstand In großen Städten lernen früh Die jüngsten Knaben was; Denn manche Bücher lesen sie Und hören dies und das Vom Lieben und vom Küssen, Sie brauchten's nicht zu wissen. Und mancher ist im zwölften Jahr Fast klüger, als sein Vater war, Da er die Mutter nahm. Das Mädchen wünscht von Jugend auf Sich hochgeehrt zu sehn, Sie ziert sich klein und wächst herauf In Pracht und Assembleen. Der Stolz verjagt die Triebe Der Wollust und der Liebe, Sie sinnt nur drauf, wie sie sich ziert, Ein Aug entzückt, ein Herze rührt, Und denkt ans andre nicht. Auf Dörfern sieht's ganz anders aus, Da treibt die liebe Not Die Jungen auf das Feld hinaus Nach Arbeit und nach Brot. Wer von der Arbeit müde, Läßt gern den Mädchen Friede. Und wer noch obendrein nichts weiß, Der denkt an nichts, den macht nichts heiß; So geht's den Bauern meist. Die Bauernmädchen aber sind In Ruhe mehr genährt, Und darum wünschen sie geschwind, Was jede Mutter wehrt. Oft stoßen schöckernd Bräute Den Bräut'gam in die Seite, Denn von der Arbeit, die sie tun, Sich zu erholen, auszuruhn, Das können sie dabei.