1280. Der schnelle Reiter Tod. (S. Bechstein, Deutsches Sagenbuch S. 179.) Im Schleswiger und Dithmarscher Land geht eine Sage um von einem bäuerlichen jungen Liebespaare, das hatte sich gar zu lieb, aber Gott fügte es, daß der Bräutigam krank wurde und starb. Da wollte sich seine Liebste gar nicht zufrieden geben und weinte und jammerte den ganzen Tag, und wenn es Abend wurde, so ging sie hin auf sein Grab und weinte und jammerte die liebe lange Nacht. Da nun die dritte Nacht kam, seitdem er begraben war, und sie wieder da saß und weinte, da kam ein Reiter auf einem Schimmel und fragte sie: »Willst Du mit mir reiten?« Da schlug sie die Augen auf und sah, daß es ihr Geliebter war, und sprach: »Ja ich will mit Dir reiten, wohin Du willst!« und stieg muthig zu ihm auf sein Pferd und fort ging es mit dem Wind um die Wette in die weite Welt. Da sie nun eine gute Strecke geritten waren, so sprach der Geliebte: »Der Mond, der scheint so hell, | Der Tod der reitet so schnell, | Mein Liebchen graut Dir nicht?« – »Nein«, sagte sie, »was soll mir grauen? ich bin ja bei Dir!« Und weiter und weiter ging der Ritt und immer hastiger wie vorher, aber die Dirne saß fest auf dem Pferde und hielt den Geliebten umfaßt. Da fragte dieser zum Andernmal: »Der Mond, der scheint so hell, | Der Tod der reitet so schnell, | Mein Liebchen graut Dir nicht?« – »Nein«, erwiderte sie nochmals, »was soll mir grauen? ich bin ja bei Dir!« Aber es wurde ihr doch ein wenig wunderlich zu Muthe, und da fragte er zum dritten Male: »Der Mond, der scheint so hell, | Der Tod der reitet so schnell, | Mein Liebchen graut Dir nicht?« Da begann ihr zu grauen, fester hielt sie ihn umklammert und sprach kein Wort. Da sauste das Pferd dreimal mit ihnen im Kreise herum und weg waren sie. 1 Fußnoten 1 Nach dieser Sage hat Bürger seine »Lenore« gedichtet.