466. An Anna Lindau 466. An Anna Lindau Göttingen 3. April 1880. Liebe Frau Lindau! Rieke näht auf die Maschine, Nischke war bei's Militär; Dennoch aber ließ sie ihne Niemals nahe bei sich her. »Wozu – fragt sie oft verächtlich – Wozu nützt mich der Soldat, Wenn man bloß durch ihn hauptsächlich So viel hohe Steuern hat??« – Einstmals ging sie nach dem Holze; Nischke wollte gerne mit: Aber nein, partu nicht wollt' se, Daß er ihr dahin beglitt. Plötzlich springt aus das Gebüsche Auf ihr zu ein alter Strolch: Stiere Augen, wie die Fische, Kalte Hände, wie der Molch. »Runter – schreit er – mit die Kleider, Denn sie lebt in Überfluß, Da ich ein Fabrikarbeiter, Der sich was verdienen muß.« Weinend fallen Jäck- und Röckchen, Zitternd löst sich der Turnür, Nur ein kurzes Unterglöckchen Schützt vor Scham und Kälte ihr. Aber jetzt, da tönt es: »Halte«! Und ein scharfer Säbel blunk. Aufgeschlitzt mit einer Spalte Floh sich brüllend der Hallunk. Dies that Nischke, der trotz allen Rieken heimlich nachgeschleicht, Die sich unter Dankeslallen Jetzt um seinen Hals verzweigt. – O, ihr Mädchens, laßt euch rathen, Ehrt und liebet den Soldat, Weil er sonst vor seine Thaten Nicht viel zu verzehren hat! Grad besuch ich meinen Neffen, der seit dem 1. April Einjähriger ist. – Ihren lieblichtönenden Brief erhielt ich grad, als ich in München schon einen Fuß im Steigbügel hatte, um das Dampfroß zu besteigen. – Tausend Grüße! (700 für Sie, 300 zu gleichen Theilen für unsere drei berühmten Freunde) von Ihrem Sie gründlich verehrenden Wilhelm Busch, der aber so bald nicht kommen kann.