846. An Nelly und Hugo Keßler 846. An Nelly und Hugo Keßler 13. Dec. 91. An Nelly und Hugo. Gestern Abend, als ich so saß und las, Wobei ich zum Spaß die Welt vergaß, Und wollte nichts sehn und wollte nichts hören – Natürlich! da muß mich gleich wieder Wer stören. Klirrtirrklingeling! geht die Schelle sehr helle, Und über die Schwelle tritt der Postbote schnelle Und verneigt sich tief und hält einen Brief In seiner Hand. Ich aber rief: Potszapperment! wie erschreckt Ihr mich! Ich träumte so schön, warum weckt Ihr mich! Er sprach: Pardon! Es ist meine Pflicht; Zu meinem Vergnügen thu ich es nicht; Denn wär ich, zum Beispiel, ein Millionär, So lief' ich nicht mehr mit Briefen umher. Gute Nacht! und träumen Sie bestens weiter! – Damit entfernt er sich mild und heiter. – – Und als ich den Brief genauer besah, Wie angenehm überrascht war ich da, Wie freudig rief ich: Ei ei! Schau schau! Der ist fürwahr aus der Wiesenau Von Nelly und Hugo, diesen zwei Lieben, Die ihn an ihren Onkel geschrieben. – – So wünscht denn der Onkel zunächst von Herzen, Es möchten verschwinden die Hustenschmerzen, Damit, wie nach bisherigem Brauch, Ein Jedes gut schlafe, und 's Mamachen dann auch. – Daß ferner die Würste, wovon vor Wochen, Oder wie lange ist's her, eine Probe versprochen, So hier und da und im allgemeinen Genehm sind und zu gefallen scheinen, Das freut den Onkel. Dagegen freilich, Wenn sie Einer nicht mag, ist's auch verzeihlich. – Das Christkindel aber möge Euch bringen Die schönsten von allen schönen Dingen Und was ihr nur irgend träumt, wünscht, oder dächtet, Daß ihr es gerne wohl haben möchtet. Und komm' ich mal wieder nach Frankfurt gefahren In ein zwei drei vier oder hundert Jahren, Dann wollen wir alle mal wieder sehn, Was der Bütschli gebacken, und zu ihm gehn. Grüßt Alle herzlich, und vergeßt mir Keins, In Wiesenau 15 und Wiesenau 1; Und paßt es Euch mal, so schreibt auch mal, Wie es Euch geht, nach Wiedensahl.