Herr und Frau Knopp Ermahnungen und Winke Ermahnungen und Winke O wie lieblich, o wie schicklich, Sozusagen herzerquicklich, Ist es doch für eine Gegend, Wenn zwei Leute, die vermögend, Außerdem mit sich zufrieden, Aber von Geschlecht verschieden, Wenn nun diese, sag ich, ihre Dazu nötigen Papiere So wie auch die Haushaltsachen Endlich mal in Ordnung machen Und in Ehren und beizeiten Hin zum Standesamte schreiten, Wie es denen, welche lieben, Vom Gesetze vorgeschrieben, Dann ruft jeder freudiglich: »Gott sei Dank, sie haben sich!« Daß es hierzu aber endlich Kommen muß, ist selbstverständlich. – Oder liebt man Pfänderspiele? So was läßt den Weisen kühle. Oder schätzt man Tanz und Reigen? Von Symbolen laßt uns schweigen. Oder will man unter Rosen Innig miteinander kosen? – Dies hat freilich seinen Reiz; Aber elterlicherseits Stößt man leicht auf so gewisse Unbequeme Hindernisse, Und man hat, um sie zu heben, Als verlobt sich kundzugeben. – Das ist allerdings was Schönes; Dennoch mangelt dies und jenes. Traulich im Familienkreise Sitzt man da und flüstert leise, Drückt die Daumen, küßt und plaudert, Zehne schlägt's, indes man zaudert, Mutter strickt und Vater gähnt, Und, eh man was Böses wähnt, Heißt es: »Gute Nacht, bis morgen!« – Tief im Paletot verborgen, Durch die schwarzen, nassen Gassen, Die fast jeder Mensch verlassen, Strebt man unmutsvoll nach Hause In die alte, kalte Klause, Wühlt ins Bett sich tief und tiefer, Schnatteratt! so macht der Kiefer, Und so etwa gegen eine Kriegt man endlich warme Beine. Kurz, Verstand sowie Empfindung Dringt auf ehliche Verbindung. – Dann wird's aber auch gemütlich. Täglich, stündlich und minütlich Darf man nun vereint zu zween Arm in Arm spazierengehn! Ja, was irgend schön und lieblich, Segensreich und landesüblich Und ein gutes Herz ergetzt, Prüft, erfährt und hat man jetzt. Eheliche Ergötzlichkeiten Eheliche Ergötzlichkeiten Ein schönes Beispiel, daß obiges wahr, Bieten Herr und Frau Knopp uns dar. Hier ruht er mit seiner getreuen Dorette Vereint auf geräumiger Lagerstätte. Früh schon erhebt man die Augenlider, Lächelt sich an und erkennt sich wieder, Um alsobald mit einem süßen Langwierigen Kusse sich zu begrüßen. Knopp aber, wie er gewöhnlich pflegt, Ist gleich sehr neckisch aufgelegt. Ganz unvermutet macht er: Kieks! Hierauf erhebt sich ein lautes Gequieks. Dorette dagegen weiß auch voll List, Wo Knopp seine lustige Stelle ist. Nämlich er hat sie unten am Hals. Kiewieks! Jetzt meckert er ebenfalls. Nun freilich möchte sich Knopp erheben Und schnell vom Lager hinwegbegeben, Wird aber an seines Kleides Falten Spiralenförmig zurückgehalten. Husch, er nicht faul, eh man sich's denkt, Hat sich nach hinten herumgeschwenkt Und unter die Decke eingebohrt, Wo man recht fröhlich herumrumort. – Nach diesen gar schönen Lustbarkeiten Wird's Zeit zur Toilette zu schreiten. Gern wendet Frau Doris anitzo den Blick Auf Knopp sein Beinbekleidungsstück, Welches ihr immer besonders gefiel Durch Ausdruck und wechselndes Mienenspiel. Bald schaut's so drein mit Grimm und Verdruß, Bald voller Gram und Bekümmernus. Bald zeigt dies edle Angesicht Nur Stolz und kennt keinen Menschen nicht. Aber bald schwindet der Übermut; Es zeigt sich von Herzen sanft und gut, Und endlich nach einer kurzen Zeit Strahlt es in voller Vergnüglichkeit. – Dorettens Freude hierüber ist groß. Knopp aber ist auch nicht freudenlos; Denn ihm lächelt friedlich und heiter, Nach unten spitzig, nach oben breiter, Weißlich blinkend und blendend schön, Ein hocherfreulidies Phänomen. Besonders zeigt sich dasselbe beim Sitzen, In der Mädchensprache nennt man's Blitzen. – »Madam, es blitzt!« ruft Knopp und lacht. Schlupp! wird die Sache zugemacht. Der alte Junge hat's gut Der alte Junge hat's gut Die Frühstückszeit hat Knopp vor allen, Weil sehr behaglich, sehr gefallen. Nachdem die Liese aufgetischt, Hat Doris ihm den Trank gemischt. Und außerdem genießt er heute Noch eine ganz besondre Freude. Frau Doris schenkt ihm eine Mütze, Die rings mit Perlen und mit Litze In Form von einem Kranz der Reben Gar schön umwunden und umgeben. Sehr freut ihn dieser Kopfbehälter, Denn nach Micheli wird es kälter Und weht schon oft ein herber Hauch, Und außerdem verziert es auch. Stolz sitzt er da auf seinem Sitze; Das Haupt verschönt die Morgenmütze; Die Pfeife ist ihm Hochgenuß, Und Doris hält den Fidibus. Schnell flieht der Morgen. – Unterdessen Bereitet man das Mittagessen. – Was dies betrifft, so muß man sagen, Kann Knopp sich wirklich nicht beklagen. Zum Beispiel könnt er lange suchen Nach solchem guten Pfannekuchen. Hierin ist Doris ohne Fehl. Stets nimmt sie einen Löffel Mehl, Die nöt'ge Milch, dazu drei Eier, Ja vier sogar, wenn sie nicht teuer, Quirlt dies sodann und backt es braun Mit Sorgfalt und mit Selbstvertraun; Und jedesmal spricht Knopp vergnüglich: »Der Pfannekuchen ist vorzüglich!« O wie behaglich kann er nun An Doris' treuem Busen ruhn. Gern hat er hierbei auf der Glatze Ein loses, leises Kribbelkratze. So schläft er mit den Worten ein: »Wie schön ist's, Herr Gemahl zu sein!« Ein Mißgriff Ein Mißgriff Der Samstag ist meistens so ein Tag, Den der Vater nicht leiden mag. Es wirbelt der Staub, der Besen schwirrt, Man irrt umher und wird verwirrt. – Hier oben auf der Fensterbank Steht Liese und macht die Scheiben blank. Knopp, welcher seine Pfeife vermißt Und gar nicht weiß, wo sie heute ist. Schweift sorgenschwer im Haus umher, Ob sie nicht wo zu finden wär. Er denkt: »Wo mag die Pfeife sein?« Und zwickt die Liese ins Bein hinein. Obgleich dies nur ganz unten geschehen, Frau Doris hat es nicht gern gesehen. Sie ruft: »Das bitt ich mir aber aus! Abscheuliches Mädchen, verlasse das Haus!« So wären denn Knoppens also mal Ohne weibliches Dienstpersonal, Und morgens in früher Dämmerung Hat Knopp eine schöne Beschäftigung. Alsbald so steht es im Wochenblatt, Daß man Bedienung nötig hat. Infolgedessen mit sanfter Miene Erscheint eine Jungfrau namens Katrine, Welche hochheilig und teuer versprochen, Stets fleißig zu putzen, beten, backen und kochen. Hierin ist sie auch einerseits rühmlich, Anderseits aber recht eigentümlich! Erglänzt zum Beispiel am Sirupstopfe Der unvermeidliche zähe Tropfe – Schluppdiwutsch! – so schafft sie ihn dort Mit schnellem Schwunge der Zunge fort. Oder wenn sich beim Backen vielleicht Irgendwo irgendwie irgendwas zeigt – Schluppdiwutsch! – sie entfernt es gleich Durch einen doppelten Bogenstreich. – Obschon dies sehr geschickt geschehen, Frau Knoppen hat es nicht gern gesehen. Sie ruft: »Das bitt ich mir aber aus! Abscheuliches Mädchen, verlasse das Haus!« So wären denn Knoppens zum andern Mal Ohne weibliches Dienstpersonal. Knopp aber in früher Dämmerung Hat eine schöne Beschäftigung. Alsbald so setzt man ins Wochenblatt, Daß man ein Mädchen nötig hat! Hierauf erscheint nach kurzer Zeit Eine Jungfrau mit Namen Adelheid, Welche hochheilig und teuer versprochen, Stets fleißig zu putzen, beten, backen und kochen. Auch kann sie dieses; und augenscheinlich Ist sie in jeder Beziehung sehr reinlich. Pünktlich pflegt sie und ohne Säumen Die ehliche Kammer aufzuräumen. Recht angenehm ist dann der Kamm, Pomade und Seife von Madam. Doch für die Zähne verwendet sie gern Den Apparat des gnädigen Herrn. – Obgleich dies zu guten Zwecken geschehen, Frau Knoppen hat es nicht gern gesehen. Sie ruft: »Das bitt ich mir aber aus! Abscheuliches Mädchen, verlasse das Haus!« Knopp aber in früher Dämmerung Hat eine neue Beschäftigung. – Knopp geht mal aus Knopp geht mal aus Bekanntlich möchte in dieser Welt Jeder gern haben, was ihm gefällt. Gelingt es dann mal dem wirklich Frommen, An die gute Gabe dranzukommen, Um die er dringend früh und spat Aus tiefster Seele so inniglich bat, Gleich steht er da, seufzt, hustet und spricht: »Ach Herr, nun ist es ja doch so nicht!« Auch Knopp ist heute etwas ergrimmt Und über sein ehliches Glück verstimmt. Grad gibt es den Abend auch Frikadellen, Die unbeliebt in den meisten Fällen. Er lehnt sie ab mit stillem Dank, Zieht seinen Frack aus dem Kleiderschrank, Und ohne sich weiter an was zu kehren, Wandelt er trotzig zum goldenen Bären! – »Potztausend, also auch mal hier!« So rufen freudig beim Öffnen der Tür Der kunstreiche Doktor Pelikan Und Bello, der Förster und Jägersmann. Knopp aber redet nicht eben viel; Hat auch nicht Lust zum Solospiel; Sondern tief in sich selbst gekehrt Hat er sein Schöppchen Bier geleert. Punkt zehn schließt er die Rechnung ab Und begibt sich zu Haus in gelindem Trab. Unfreundlicher Empfang Unfreundlicher Empfang Grollend hat Madam soeben Sich bereits zur Ruh begeben. Freundlich naht sich Knopp und bang – Bäh! – nicht gut ist der Empfang. Demutsvoll und treu und innig Spricht er: »Doris, schau, da bin ich!« Aber heftig stößt dieselbe – Bubb! – ihn auf sein Leibgewölbe. Dieses hat ihn sehr verdrossen. Tiefgekränkt, doch fest entschlossen, Schreitet er mit stolzem Blick Wieder ins Hotel zurück. Heißa, jetzt ist Knopp dabei, Kartenspiel und was es sei. Elfe, zwölfe schlägt die Glocke; Man genießt verschiedne Grocke. Dreimal kräht des Hauses Hahn, Bis der letzte Trunk getan. Heimkehr Heimkehr Knopp ist etwas schwach im Schenkel, Drum so führt man ihn am Henkel. Glücklich hat es sich getroffen, Daß das Küchenfenster offen. Man erhebt ihn allgemach Und dann schiebt man etwas nach. Düster ist der Küchenraum. Platsch! Man fällt und sieht es kaum. Ratsam ist es nachzuspähen, Wo die Schwefelhölzer stehen. Kracks! Da stößt das Nasenbein Auf den offnen Küchenschrein. Peinlich ist ihm das Gefühl; Aber er verfolgt sein Ziel. Oha! – Wieder geht er irr. Dieses ist das Milchgeschirr. Dies dagegen ist die volle Sanftgeschmeidge Butterstolle. Doch hier hinten in der Ecke Kommt er jetzt zu seinem Zwecke. Autsch! – Er schreit mit lautem Schalle Und sitzt in der Mausefalle. Jetzo kommt ihm der Gedanke, Nachzuspüren auf dem Schranke. Ach! Vom Kopfe bis zum Fuß Rinnt das gute Zwetschenmus. Doch zugleich mit dieser Schwärze Kriegt er Feuerzeug und Kerze. Freilich muß er häufig streichen, Ohne etwas zu erreichen. Aber endlich und zuletzt Hat er's richtig durchgesetzt. Jetzt zur Ruh sich zu begeben, Ist sein sehnlichstes Bestreben. Hier ist nun die Kammertür. Ach, man schob den Riegel für. Demnach muß er sieh bequemen, Auf der Schwelle Platz zu nehmen. So ruht Knopp nach alledem Fest, doch etwas unbequem. Donner und Blitz Donner und Blitz Hier sitzt Knopp am selbigen Morgen Greulich brütend im Stuhl der Sorgen; Tyrann vom Scheitel bis zur Zeh; Und heftig tut ihm der Daumen weh. Ei schau! Die Liese ist wiedergekommen! Ist Knopp egal. Man hört ihn brommen. Reumütig nahet Frau Doris sich. Knopp zeigt sich als schrecklicher Wüterich. Perdatsch! – Mit einem großen Geklirr Entfernt er das schöne Porzlangeschirr. Dann klopft er über den ganzen Graus, Ohne Rücksicht zu nehmen, die Pfeife aus. Mit Tränen tritt Frau Doris hervor Und sagt ihm ein leises Wörtchen ins Ohr. Dies Wort fährt ihm wie Donner und Blitz Durch Kopf, Herz, Leib in den Sorgensitz; Und tief erschüttert und allsogleich Zeigt er sich milde, gerührt und weich. Ängstlicher Übergang und friedlicher Schluß Ängstlicher Übergang und friedlicher Schluß Wohlbekannt im ganzen Orte, Mit der Klingel an der Pforte, Ist die Brave, Ehrenwerte, Ofterprobte, Vielbegehrte, Welche sich Frau Wehmut schrieb; Und ein jeder hat sie lieb. – Mag es regnen oder schneen, Mag der Wind auch noch so wehen, Oder wär sie selbst nicht munter, Denn das kommt ja mal mitunter – Kaum ertönt an ihrer Klingel Das bekannte: Pingelpingel! Gleich so ist Frau Wehmut wach Und geht ihrer Nahrung nach. Heute ist sie still erschienen, Um bei Knoppens zu bedienen. Auf dem Antlitz Seelenruhe, An den Füßen milde Schuhe, Wärmt sie sorglich ihre Hände, Denn der Sommer ist zu Ende. Also tritt sie sanft und rein Leise in die Kammer ein. Auch den Doktor Pelikan Sieht man ernstbedächtig nahn, Und es sagt sein Angesicht: Wie es kommt, das weiß man nicht. – Oh, was hat in diesen Stunden Knopp für Sorgen durchempfunden! Rauchen ist ihm ganz zuwider. Seine Pfeife legt er nieder. Ganz vergebens tief im Pult Sucht er Tröstung und Geduld. Oben auf dem hohen Söller, Unten in dem tiefen Keller – Wo er sich auch hinverfüge – Angst verkläret seine Züge. Ja, er greifet zum Gebet, Was er sonst nur selten tät. – Endlich öffnet sich die Türe, Und es heißt: ich gratuliere! – Friedlich lächelnd, voller Demut, Wie gewöhnlich, ist Frau Wehmut. – Stolz ist Doktor Pelikan, Weil er seine Pflicht getan. – Aber unser Vater Knopp Ruft in einem fort: Gottlob! – Na, jetzt hat er seine Ruh. – Ratsch! Man zieht den Vorhang zu.