1984.

Mel. Wie schön leuchtet der etc.


1.

Ich seh im geist mein Matter-Lamm, wie es aus seiner beize kam mit seinen frischen wunden: da seh ich die durchgrabne händ, die Seit, darein der speer gerennt, der füsse nagel-schrunden; und bin darin, gleich dem Thoma, quem το Σῶμα τε Κυρίε certum fecerat τε Θείε.

2.

Ich ruffe aus: O Lämmelein! in deinen offnen Seiten-schrein gehör ich, deine taube, der ritz der ist für mich gemacht, das habe ich nicht nur gedacht, es ist mein vester glaube: denn ich fühl mich ohne sorgen so geborgen, wenn ich stekke und verbleib in dieser ekke.

[1892] 3.

Die hände, die durchbohret sind, darin ich meinen namen find', als wär er eingegraben, die küß ich dir für diese gnad, sie werden auch ein kleines bad von liebes-thränen haben. Nehmt mich treulich, tragt mich immer, laßt mich nimmer, liebste hände! führt mich durch bis an mein ende.

4.

Mein mund der legt auf ieden fuß noch einen demuthsvollen kuß, wo's näglein durchgeschlagen: die seligkeit die ist mir klar, die mir auch dadurch worden war, daß ich nicht erst darf fragen. Ich steh, und geh, mir wirds wichtig, und ich tüchtig durchzuwallen, wo und wie dirs wird gefallen.

5.

O haupt mit dornen aufgeritzt! o brust mit blute durchgeschwitzt! hier steh ich tropfen fangen, ach tropfen von dem geissel-schmiß, der dir in deinen rükken riß! ach thränlein von den wangen! was soll ich wol weiter denken? nichts, als sänken herz und glieder vor dem Lamm im staube nieder.

6.

Und dabey brennt und flammt das herz, und fühlet einen liebes-schmerz, der gar nicht zu beschreiben. Ich dankte dir gern inniglich; was sind wir aber, was bin ich? es muß beym wollen bleiben. Mein sinn will hin, wundenhaftig, und leibhaftig in die schwülen deiner wunden-maale fühlen.

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