Auf den Geburts-Tag einer Priester-Frau

Den 16. des Heumonats 1735.


In andern Namen.


Kein Mensch in dieser Welt, wer er nur immer sey,
Ist von den Regungen und von Affecten frey.
Bald übereilet ihn Furcht, Zorn, Neid, Hoffarth, Liebe,
Bald Rachgier, Eifersucht, und auch des Geitzes Triebe.
Die streiten denn in ihn: da muß er munter seyn,
Denn sonsten büsset er gewiß im Kampfe ein:
Und trägt den Ruhm nicht weg, den solche Streiter kriegen,
Die ihre Regungen, und ihren Muth besiegen.
Der weise König bringt ja selbst das Zeugniß bey:
Daß der, der seinen Muth bezwinget, grösser sey,
Als der, so Städte zwingt. Bald will der Zorn erwachen,
Und den Beleidiger sogleich zu Schanden machen.
Bald regt sich wiederum im Herzen Lust und Freud;
Ein andermahl empfindt die Seele Traurigkeit.
Drum merket, daß der Mensch sich wohl zu hüten habe,
Daß er bey dem Verlust der und auch jener Gabe,
Nicht allzu traurig wird, und aus den Schranken geht,
Worin ein guter Christ und tapfrer Streitet steht.
Das Leid hat seine Zeit: wenn Gott uns Plagen schicket;
Wenn er den Hagel ruft; wenn er das Rachschwerdt zücket;
Wofern wir wieder Gott und Nächsten mißgethan,
Da ist es Zeit und Stund darinn man weinen kan.
Das Lachen hat zugleich auch seine Zeit und Stunde;
Nicht etwan, daß man sich mit Geist, mit Seel und Munde
Erfreuet/ wenn man soll bey Tanzen, Spiel und Wein,
Bey eitelem Geschwätz und Lust zugegen seyn;
Nicht, wo man Narrethey auf denen Lippen heget;
Nicht, wenn die Hand des Herrn den Nächsten drückt und schläget,
Der uns zuwider ist; nicht, wenn wir unserm Feind,
Freund, Nachbar, Fremdling, Gast und wen man sonst noch meint,
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An seinem Amt und Gut und Ehren schaden können;
Nicht wenn ihn andere sein Leid und Unglück gönnen;
Nicht wenn ein böser Rath und Anschlag uns gelingt;
Nicht, wenn Gott unsre Feind in unsre Hände bringt.
Nein! diese Freud ist toll, dieß Lachen heiset Sünde,
Und hat nie seine Zeit: Denn einen Gottes Kinde
Geziehmt sich dieses nicht. Ein andres Lachen hat
Wohl seine Zeit und Stund: Wenn Gott uns früh und spat
Mit Strömen seiner Güt und Seegen überschüttet,
Und uns vor mancherley Gefahr und Noth behütet.
Wenn Gott sein Wort uns schenkt; wenn er die Sünd vergiebt,
Und uns in seinem Sohn treu, zärtlich, ewig liebt.
Bey solchen Zeiten soll sich Geist und Mund erheben,
Da soll es Frölichkeit und Jauchzen von sich geben.
Nebst diesen giebt Gott auch zuweilen einen Tag
An welchem man sich wohl besonders freuen mag.
Bald lässet uns der Herr ein Freuden-Fest begehen,
Bald soll uns eine Zeit zur Ehren-Bahn erhöhen,
Bald läßt uns seine Güt dieselbe Stunde sehn,
In der wir aus dem Leib der Mutter konten gehn.
In der er uns das Licht der Erden schauen liesse,
Und uns durchs Wasserbad zu seiner Kindschaft wiese.
Zu einer solchen Zeit und Stund geziemt es sich,
Und ist Gott angenehm, daß man sich sonderlich,
Mit Herz und Mund erfreut: Da mag des Mundes Lachen
Die Freudigkeit der Brust klar, laut und ruchbar machen.
Nun einen solchen Tag, Hochwerthe Gönnerin!
Läßt dir derselbige, der unser aller Sinn
Erforschet und ergründt, bey allen Wohl erblicken.
Heut ist es dir erlaubt die Freude auszudrücken
Die deine Seel empfindt. Ich seh bereits im Geist,
Wie du die Vaters-Hand vor solche Wohlthat preißt.
Dein Eh-Herr freut sich auch hierbey in seiner Seelen:
Und ich kan ebenfals die Freude nicht verhehlen,
Worein mich, Wertheste! dein Freuden-Fest gebracht.
Und darum hab ich auch an meine Pflicht gedacht,
Und such dieselbige jetzunder abzutragen.
Ich will zwar kurz und schlecht, jedoch von Herzen sagen:
Gott sende dir bey Glück, bey Seegen, Fried und Ruh,
Den heutgen Freuden-Tag noch oftermahlen zu:
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Es müsse seine Hand dich wieder alles schrecken,
Und was dir schaden kan, beschützen und bedecken.

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