12. Als das Jahr 1663. zu End ging

1.
Du liebes Jahr, so eilst du nun von hinnen,
Und nimmst mit dir die Freude meiner Sinnen,
Ja freylich ist diß schon der letzte Tag,
Da ich noch drey zu sechsen setzen mag.
2.
Vergönne mir du Auszug meiner Jahre
Daß ich mein Hertz der Feder offenbahre,
Laß mich einmahl auff dich zu rücke sehn,
Es wird mir doch nit mehr so wol geschehn.
3.
Du hast mir erst die Jugend und das Leben
Durch eine Krafft der Süssigkeit gegeben,
Ich war noch tod, du hast mich auffgeweckt,
Ich brannte nicht, du hast mich angesteckt.
4.
Du hast mich erst den sanfften Weg geführet,
Vnd meine Brunst durch Liebes-Gluth berühret,
Du schöne Zeit, du hast mir kund gethan,
Was der Verstandt vertrauter Freundtschafft kan.
[24] 5.
Ich konte nicht mein Hertz mein Liebgen sprechen,
Und muste mir den Kopf umsonst zerbrechen,
Doch deine Gunst versetzte mich zur Ruh,
Vnd führte mir die Schönheit selber zu.
6.
Da war ein Sinn, ein Willen, ein Belieben
Schertz sonder Schmertz, Vergnügung ohn Betrüben,
Sie war erfreut und lustig wann ich kam,
Vnd kränckte sich, so bald ich Abschied nahm.
7.
Jedennoch hab ich was von dir bekommen,
So hastu alls auch wieder weggenommen.
Du hast mir nur den Schein der uns betreugt,
Durch einen Traum und durch ein Bild gezeigt.
8.
Ich werde wohl nicht in dergleichen Freuden
Mein Angesicht bey solcher Schönheit weiden,
Du altes Jahr, du nimbst den alten Sinn,
Die alte Lust, die alte Hoffnung hin.
9.
Ich wil mich nicht deßhalben mit dir zancken,
Ich werde dir vielmehr vor dieses dancken,
Daß ich jetzund durch dein und meinen Fleiß
Den schlauen Gang der stillen Liebe weiß.
10.
Ich muß nunmehr in diesem neuen Jahre,
Beflissen seyn, wie ich die Stunden spahre,
Die ich zu viel auff Zeit-vertreib gelegt,
Darzu mich sie und ihre Lust bewegt.
11.
Das Glücke mag am besten für mich sorgen,
Du altes Jahr zeuch fort, ich denck an morgen,
Daselbsten wird der neue Sonnenschein,
Mein neuer Trost und neue Wollust seyn.

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