Kennzeichen eines glückseligen lebens
An Alexandern vom Ruest.
Ach, wie glückselig ist das leben,
dem keines andern will gebeut,
der ohn misgunst, neid oder streit
sicht andrer glück fürüber schweben;
Der sein begird selbs recht regieret
und dessen from und teutscher mut
[47]ist sein bewehrter schutz und hut,
darunder sein herz triumfieret;
Der kein geschrei noch lob begehret,
dem die warheit die gröste kunst,
den fürsten oder pöfels gunst,
den hofnung und forcht nicht bethöret;
Der die fuchsschwänzer fort läßt gehen,
sie speisend nicht von seinem gut,
und dessen fehl, fall und armut
kan seine hässer nicht erhöhen;
Der selbs nichts weiß, wie übel schmürzet
des bösen lob, des frommen fluch;
dem ein freind oder gutes buch
die lange zeit schadlos verkürzet;
Und dessen mut für nichts sich scheuet,
als allzeit fertig für den tod;
der ernstlich früh und spat zu got
mehr um gnad, dan um güter, schreiet.
Der mensch besorgt sich keines falles,
dieweil er frei, reich, gut und groß,
sein selbs herr; ob er wol landlos
und habend nichts, hat er doch alles.