[148] Das Erdbeben
Die Erde hat gebebt und ihr geborstner Grund
Die Königinn am Meer verschlungen,
Und schwärzre Trübsal noch droht unsrem armen Rund
Von schwärmender Propheten Zungen:
Wie aus bemoostem Schutt der Uhu, wann die Nacht
In furchtbarn Schatten ihn verstecket,
Auf stille Dächer fliegt, selbst melancholisch wacht,
Und heulend müde Städte wecket.
Auf Schwanenfedern horcht die Wollust und erschrickt;
Ein Schauer bebt durch ihre Glieder.
Der sorgenvolle Geiz, auch schlafend unerquickt,
Bebt heut und wuchert morgen wieder.
Propheten wimmeln stets in trüber Zeit hervor:
Der leichte Pöbel glaubt, er zittert,
Wie dürres Laub im Herbst, und wie das schwache Rohr
Der Flügel eines Wests erschüttert.
Ihr Musen, die ihr einst, im Frühling meiner Zeit,
Mich mit Ambrosia genähret,
Als ihr, in eurem Hayn voll heilger Dunkelheit,
Die deutsche Leyer mich gelehret!
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Zufrieden dank ich euch, daß immer gleiche Lust
In meiner Seelen helle scheinet,
Und euer stiller Freund nicht, an der Thorheit Brust,
Nach Fantasien lacht und weinet.
O laßt, zu aller Zeit, mein Antlitz heiter seyn,
Nicht bloß in sonnenvollen Tagen,
Wann mich die Freude sucht, und Saitenspiel und Wein
Die Wolken vor mir her verjagen:
Nicht bloß im dunkeln Busch und wo die Nachtigall
Bald singend über mir verweilet,
Bald an der Quelle seufzt, die reiner, als Crystall,
Geschwätzig über Kiesel eilet.
Es müss' auf meiner Stirn, wann schon die Erde bebt,
Der göttliche Gedanke schimmern,
Daß Tugend glücklich ist und meine Seele lebt,
Auch unter ganzer Welten Trümmern!