Dem Gehege der Zähne
Vor dem Richter stehn zwei Partein,
die reden zu gleicher Zeit.
Man hört Frau Schnufke: »Na sowas!« schrein.
»Das nehm ich glatt auf mein' Eid –!«
Da sagt der Richter: »Erzählen Sie mal:
Wie war das am Sonntag mit Ihrem Skandal?«
Und Frau Schnufke erzählt unter Tränengewimmer;
und aus allem, was sie berichtend klagt,
hört der ganze Gerichtssaal nur immer:
»Und da hab ich gesagt . . . und da hat sie gesagt . . . und da hab ich gesagt . . . «
Vor Deutschland stehen achtzehn Partein,
die reden zu gleicher Zeit.
Man hört Herrn Jarres »Revanche!« schrein
und Hergt nach der Kaiserzeit.
[446]Da sagt sich der Deutsche: »Erzählt mir mal:
Wie komm ich aus diesem Jammertal?
Es wird doch täglich schlimmer und schlimmer.
Wir sind isoliert. Bewuchert. Geplagt!«
Doch von den Politikern klingt es nur immer:
» . . . Und da hab ich gesagt . . . Und da hat er gesagt . . . Und da hat der gesagt . . . !«
In den Landwehrkanal fällt ein Mann hinein,
der furchtbar um Hilfe schreit.
Auf der Potsdamer Brücke stehn zwei Partein,
die reden zu gleicher Zeit.
Sie zerfleischen sich fast in wildem Zwist:
Ob dieser Mann ein Jude ist?
Die einen sagen: »Nich in die Hand!
Ich hab seine braven Eltern gekannt!«
Die andern sagen: »Sein Sie doch still!
Das hört man doch schon an seinem Gebrüll –!«
Und da hab ich gesagt . . . und da hast du gesagt . . . und da hat er gesagt . . .
Dann wurde die Debatte vertagt.
Und dann sind alle ans Gitter geloffen.
Der Mann war unterdessen versoffen.