[128] Pallast T. in Mantua
Kann ein Kranker, Schmerzensreicher
Ohne inn'ges Mitgefühl
Diesen Sturz der Riesen sehn?
Wie sie zerschmettert,
In Bergen vergraben,
Ohnmächtig diese,
Jene noch kämpfend,
Sterbend der in stiller Wuth,
Rings die weite Landschaft füllen?
So mächtig groß und wild,
Als wenn aus ihren Gebeinen
Die Felsen der Erde erwüchsen,
[129]Die dann noch in stummer Geberde
Durch alle Jahrtausende
Dem Himmel dräun.
Oben die Götter
In Sorg' und in Kampf,
Hülfthältig jeder.
Nur ein schlauer Satyr
Nimmt, in den Greuel der Verwüstung
Entsetzt hinunterschauend,
Noch die lüsterne Nymphe
Mit ihr entfliehend:
Mag Zeus nun siegen,
Die Titanen den Himmel stürmen,
Er hat den Augenblick erobert.
O kühner, zu kühner Julius!
Wie verwegen hat deine Zauberhand
Dies übermenschliche Gedicht vollendet!
Und welche Anmuth, welche Frische,
[130]Welcher Liebreiz und stille Wonne,
Dort auf dem Lager Psyche's und Amor's.
Süß befriedigt
Ruht das beseligte Paar,
Und reines Entzücken
Strahlt aus den reinen Formen
Hell den Beschauer an.
Und Centauren und wildes Ungethier,
Und leichter Scherz und Lüsternheit
Zieht wie ein muthwilliges Gedicht
Durch alle Mauern des Palastes.
Ja wohl war dein edler Meister todt,
Und der ungezogne Liebling der Grazien,
Im eignen Uebermuth sich taumelnd,
Hat Rafaels Genius
Mit heißem Weine trunken gemacht,
Und mehr als begeistert
Schwärmen die bacchantischen Bilder
[131]Tobend, jubelnd umher,
Eigenwillig bei Paukenklang,
Mit Cymbelngetön
Die Gränze des Parnassus überschreitend.
Doch alle Musen lächeln
Von oben herab,
Und die Grazien sinnend
Wenden sich halb,
Doch leuchtet ihr heller Blick,
Ohne Tadel und Mißmuth
Ungetrübt auf die frische Lebensdichtung.