[386] Personen.
- Geheimrat Dr. Otto Giselius, Universitätsprofessor.
- Mathilde, seine Frau.
- Lottchen, beider Tochter.
- Cölestine Giselius, Schwester des Geheimrats.
- Dr. Traugott Appel, Privatdozent.
- Babette, Köchin bei Giselius.
[386] Personen.
M-ja, richtig. Nimmt sie weg. Es ist merkwürdig, daß ich jeden Tag eine Forschungsreise nach meinen Morgenblättern machen muß. Warum liegen sie nicht in dem dazu angebrachten Behälter?
Sieh mal an! Unser Lottchen hat Geburtstag! Du denkst aber wirklich an alles. Er tätschelt ihr die Wange. Man sollte sich derartige Feste schriftlich notieren.
Lottchen hat Geburtstag?Sich besinnend. Sag mal, wäre es nicht angezeigt gewesen, wenn ich mich an den Geschenken beteiligt hätte ?
Liebes Kind, hast du eine Ahnung, wie lebhaft die Streitfragen sind? Schon unter Gaius wurden sie aufgerollt ...
Sie is gleich nach'm Kaffee weg, un ich soll der Frau Geheimrat sage, bis elf is se lang wieder daheem, un ich glaub als, sie bringt uns e Präsent heem ...
Sie hat so freindlich gelacht, wie sie fort is; aber jetz muß ich in mei Küch. Hernach mach ich doch en Zimmtkuche ... Ab.
Dann weiß ich, was mir die ganzen Tage her im Kopf umgegangen ist.Schlägt mit der Hand auf die Stuhllehne. Ja, das war es!
Spe-ci-fi-catio, liebes Kind. Die Verarbeitung einer res mobilis in neue Formen. Schon die Sabinianer waren der Ansicht ...
Du mußt es sogar erfahren. Auf und ab gehend. Es war vor vier Wochen, ich las damals über Familienrecht, ganz richtig, so war es, und da kam mir nun dieser Aufsatz unseres vortrefflichen Butterweck vor Augen und erinnerte mich an eine Pflicht, die ich als pater familias zu erfüllen habe. An eine unabweisliche Pflicht.
Die Sache liegt klar. Aus dem Pflichtenkreise der väterlichen Gewalt resultiert gerade diese Obliegenheit [389] ganz unzweifelhaft.
Geheimrat Butterweck hat in zwingender Beweisführung dargetan, daß man seine Kinder über gewisse natürliche Dinge aufzuklären hat. Die Folgen der Unterlassung können schrecklich oder beschämend sein. Bleibt stehen. Und siehst du, Tildchen, diese Verantwortung kann ich nicht übernehmen. Ich werde deshalb unser Lottchen aufklären.
Nun, über das. Da ihn Frau Giselius noch immer verständnislos ansieht. Über das Zusammenleben, über das eventuelle Zusammenleben mit einem Manne.
Du wunderst dich darüber bloß, weil wir heute zu engherzig erzogen sind. Butterweck weist darauf hin, daß manche Völker des Altertums den jungen Mädchen sogar Unterricht in der Liebe erteilen ließen.
Ich sage das nur zu deiner Beruhigung. Natürlich denkt heute niemand daran, seine Tochter auf zyprische Weise erziehen zu lassen.
Vielleicht kommt Ihr mit eurem Butterweck auch noch so weit! Daß en Mann in deine Jahr sich so Zeug aufschwätze läßt.
Tildchen, das verstehst du nicht. Gegen den Aufsatz läßt sich nichts einwenden; er war ganz folgerichtig aufgebaut.
Du lieber Gott! Woher's die junge Mädche wisse? Vielleicht singen's ihne die Maikäfer in die Ohre, oder es klingt in der Luft, aber ganz gewiß, an eme schöne Frühlingstag wisse mir alles.
Nein! Du kannst dir's net vorstelle. Aber wann du emal Mädche siehst, die lache, und wisse net warum, und die rot werde, und wisse net wie, dann haben sie's grad erfahre.
Bitte. Die Ehe ist ein Vertrag. Darf man es dulden, daß ein schwaches Wesen diesen wichtigen Vertrag eingeht, ohne klare Erkenntnis in die Pflichten, den Endzweck [391] et cetera?
Seine Logik ist zwingend.Frau Giselius macht eine abwehrende Geste. Ja! Sie ist es. Er schreibt zum Beispiel ... warte ... mir fällt es gleich ein ... Nachdenkend. Es ist grausam, jede Generation ihre Erfahrungen immer auf ein neues erringen zu lassen.
Überhaupt, was brauchst du dich um so Sache zu kümmere? Das kannst du ruhig deim künftige Schwiegersohn überlasse.
Mir ist es bitter ernst. Ich weiß persönlich, bis zu welchem Grade man als junger Mann unwissend sein kann.
Allerdings. Sie ist da ... Aber [392] warum sollen wir sie nicht im vor hinein auf eine Stufe der Erkenntnis setzen, die wir erst erklimmen mußten?
Keine Scherze jetzt! Überdies bist du im Irrtum. Ich will dir nur sagen, ich ermangelte damals nicht gänzlich der Erfahrung.
Daß ich nicht gänzlich der Erfahrung ermangelte. Und ich mache dich mit dieser Tatsache nur deshalb bekannt, weil sie hier nützen kann.
Es war damals, am Tage vor unserer Hochzeit. Ich sagte mir, daß ich so rei ignarus, wie ich war, diesen wichtigen Schritt nicht unternehmen dürfe. Frau Giselius sieht ihm lächelnd nach. Und ich beschloß, mir Aufschlüsse zu verschaffen.
Ja, und in meiner Not ging ich zu unserm vortrefflichen Zoologen Dr. Busäus. Ihm verdanke ich es, wenn ich einiges wußte.
Es ist heute nicht schwer, darüber zu lachen, aber damals habe ich es bitter empfunden, daß so viel von einem Zufalle abhing. Denke dir, wenn Busäus verreist gewesen wäre?
Wir wollen über all das reden, wenn du einmal ernsthafter gestimmt bist; jedenfalls bin ich mir vollkommen darüber klar, daß und warum ich mit unserm Kinde über diese wichtigen Dinge reden muß. Fängt zu lesen an. Daß und warum, jawohl!
Es ist nit notwendig, Babettche, ich dank vielmals; ich werd schon was finde, wo ich den Strauß nei steck. Ganz eintretend, zu Frau Giselius. Gute Morche, Tildche! Ei, wo is denn unser Geburtstagskind, daß ich mein Glückwunsch anbring?
In der Stadt, Stinche. Nei, was du wieder für Geld ausgegebe hast. Nimmt ihr den Strauß ab. Den stelle mir aber in die Mitt. Sie nimmt eine Vase, die auf dem Flügel steht, steckt den Strauß hinein und stellt ihn auf den Tisch.
Zur Feier des Tags? Nei, wann ich denk, daß der klei Spatz heut zwanzig Jahr alt werd! Ich mein immer noch, ich muß sie im kurze Rock sehe.
Ich muß d'r doch was erzähle ... Sieht nach Professor Giselius, der in seine Zeitung vertieft ist. Ich wollt scho vorgescht're, aber du warscht net daheem. Mit dem Kopf auf Giselius deutend. Un mit dem do kann m'r doch über nix Gescheidt's redde.
Ei, mir hat doch die Musovius erzählt, daß en neugebackener Privatdozent beim Lottche die Kur geschnitte hat.
Gib nor acht! Ich bin also gescht're zum Kaffee wieder bei d'r Musovius, un auf emol kommt en B'such, en junger Mensch un macht ei eckich Kompliment nach dem annere, un wie mir'n endlich glücklich in ein Stuhl drin hawwe, pischpert mir die Musovius ins Ohr: Du, das isch er ...
Er werd wohl net sehr stürmisch gewese sei. Du weißt ja, wie die Gattung Nach dem Professor hin nickend. die Kur macht.
Er werd vielleicht net könne; aber hör' zu. Die Musovius bringt natierlich möglichscht bald 's Gespräch drauf, daß ich die Tant bin von Fräulein Giselius, und da werd er rot, wie e Institutmädche und fangt en ganz vernünftige Dischkurs an, wie's ihr geht, und ob sie gut heimgekomme isch vom Kränzche, und halt so weiter, fascht wie e normaler Mensch ...
Und ich hab'n bißche aufgemuntert und hab' auch in's Gespräch ei'fließe lasse, wie m'r nächschtens den Geburtstag von unserem Lottche feiern. Da könne Sie sich e bißche angenehm erweise, sagt die Musovius, und er sagt, er muß so bald Auf Giselius hinüber nickend. unserer Kapazität do sein Antrittsbesuch mache.
Ich erzähl dir's schon, Stinche; laß mich nur erst Luft kriege! Zoolog is'r! Lacht auf ein neues. Wann du hörst, was mir für e Debatt geführt hawwe, du lachst dich krank ...
Nei, auf des kommscht du deiner Lebtag net. Un ... Wieder in Lachen ausbrechend. un von der Zoologie is auch die Red ...
Das ist doch eine Frage, die nur zwischen dir und mir Sich besinnend. aber – ja! Gut, meine Schwester soll ihre Meinung sagen; sie könnte in gewisser Beziehung sogar authentisch darüber urteilen.
Und ich habe bestimmte Gründe, warum ich selbst zunächst einige Fragen stellen will. Wir wollen hier ad hominem demonstrieren.
Und insbesondere möchte ich dich ersuchen, nicht vom Hauptgedanken abzuirren, wie das nun einmal leider der weibliche Fehler ist ...
Daß du im eigentlichen Sinne Mädchen bist. Was wollte ich sagen? Ja. Nehmen wir an, es würde dich jemand zur Frau begehren.
Natürlich gibt es das nicht mehr. Aber konditionaliter, wenn es so wäre, – würdest du nicht doch froh sein, wenn dir eine geeignete Persönlichkeit Aufschlüsse erteilen würde?
Du willst doch deiner ganze Verwandschaft Instruktione gewe. Denk dir nur, Stinche, er is wie drauf versesse.
Es ist Ernst, und wenn du mich ruhig angehört hättest, dann wäre ich vielleicht gerade durch dich in meinem Vorhaben bestärkt worden.
Aber natürlich, man begegnet bei euch stets einem Widerspruch oder schlechthin der Unmöglichkeit den eigenen Vorteil zu erkennen.
Propter imbecillitatem sexus, wie die Römer zutreffend sagten. Wegen der angebotenen Schwäche [398] des weiblichen Geschlechtes!
Ist es nicht unerhört, daß man in einem nützlichen Bestreben von den nächst beteiligten Personen gehindert werden soll? Aber ich sagte schon, daß es sich auf meiner Seite um eine Pflicht handelt, um eine Tätigkeit sohin ...
Stinche, drei Wort! Weil unser Lottche heut zwanzig Jahr alt is, will er ihr ... nu ja, du hascht's ja gehört. Er glaubt felsefest, daß ...Lispelt ihrer Schwägerin in die Ohren.
Tu, was du net lasse kannscht! 's Lottche wird dich hoffentlich brav auslache, aber das sag' ich dir, heut darfst du mir das Privatissimum net lese.
Un morge heirat sie noch net ... Sich plötzlich an etwas erinnernd, lustig. ... Übrigens, was hat mir denn Stinche erzählt? Denk dir nur, du kannscht dir wahrscheinlich die Arbeit spare ...
Wenngleich die Frage offen bleibt, ob man generaliter annehmen darf ...Zu seiner Frau. Wann soll die Vermählung stattfinden?
N-ja. Und vor der Erteilung des väterlichen Konsenses könnte immerhin noch Klarheit über diese Dinge verlangt werden.
No freilich, so machscht du's. Professor Giselius setzt sich in den Lehnstuhl. Frau Giselius zwinkert ihrer Schwägerin lustig zu, die zu ihr herantritt und halblaut spricht.
Dem Mann verdank ich mei Lebensglück, Stinche. Cölestine sieht sie fragend an; Frau Giselius flüstert ihr hinter der vorgehaltenen Hand in die Ohren, wobei sie einige Male nach ihrem Mann hinsieht, der wieder in die Lektüre der Zeitung vertieft ist. Kleine Pause. Beide Frauen brechen [400] in herzhaftes Lachen aus.
APPEL begeistert. Es ist wundervoll; man kommt mir von allen Seiten so liebenswürdig entgegen, und dann auch das erhebende Gefühl der Tätigkeit ...
APPEL. Ja, über die Käferfamilie der Bostrichiden Zentraleuropas mit besonderer Berücksichtigung der für den Waldbau in Betracht kommenden, der Splintkäfer, Bastkäfer ...
APPEL. Den großen und kleinen Kiefernmarkkäfer, von dem man gerade hier ganz herrliche Brutkammern findet.
APPEL. Wenn sich Herr Geheimrat so sehr dafür interessieren, ich kann Ihnen auch den Bostrichus typographus in schönen Exemplaren vorweisen.
Ich wünsch' Ihne bloß, Herr Doktor, daß sich recht viel Studente bei Ihne melde. Sie sin ja so eifrig in Ihrem Fach!
APPEL. Allerdings kommt immer nur einer ins Kolleg, aber der Pedell sagte mir, daß die Bowlenzeit im Frühjahr die ungünstigste sei.
APPEL. Ich bedaure das sehr, weil gerade im Mai zum Beispiel die Beobachtung des Rüstersplintkäfers am dankbarsten ist, aber ich hoffe, daß es mir gelingen wird, meine Hörer gerade für diese Käferfamilie zu begeistern.
APPEL. Ich habe auch die Zuversicht, und wenn ich sehe, daß ein soviel beschäftigter Mann wie Herr Geheimrat sich für unsere Wissenschaft interessiert, so werde ich erst recht [403] darin bestärkt.
APPEL verlegen. Ich dachte ... ich hörte ... daß Sie ein Familienfest feiern, und da wollte ich mir die Freiheit nehmen ...
APPEL. Ich hatte die Ehre, Ihrem Fräulein Tochter vorgestellt zu werden, und da man mir sagte, daß Ihr Fräulein Tochter heute Geburtstag hat ...
Cölestine, möchtest du nicht so gut sein, den Herrn Privatdozenten und mich einige Zeit allein zu lassen?
[404]Es ist notwendig; und sage draußen, daß man uns nicht stört!Cölestine geht achselzuckend und sich öfter umwendend links ab. Giselius schreitet nun auf und ab, indes Dr. Appel sitzen bleibt und noch immer das Blumenbukett vor sich hält. – Kleine Pause.
Nicht wahr, mein lieber junger Mann, Sie werden verstehen, daß meine Frage an Sie nur vom strengsten Pflichtgefühl diktiert ist?
Ich meine, daß ich als diligens pater familias dazu verpflichtet bin, und daß mich keine profanen Motive beseelen. Nicht wahr?
Vielleicht könnten Sie mir entgegenhalten, daß es richtiger wäre, wenn ich das alles mit meiner Tochter besprechen würde.
Doch! Ich sehe diesen Einwand voraus, und ich betone, daß meine erste Absicht auch dahin zielte, aber aus verschiedenen Gründen spreche ich eben doch lieber mit Ihnen. Erstens ...
Erstens ist es naturgemäß ein heikles Thema, dessen Besprechung sich zwischen uns leichter ermöglicht. Das geben Sie zu?
Drittens und letztens ist für mich der Umstand ausschlaggebend, daß Sie Zoologe sind, denn Sie haben damit schon die Präsumtion für sich, daß Sie von meiner Seite aus keiner Belehrung bedürfen ...
APPEL lebhafter. O nein, Herr Geheimrat, ich bin Ihnen dankbar für jeden Hinweis. Bei dem großen Interesse, das Sie unserer Sache entgegenbringen.
Wo in aller Welt hätte ich die Zeit dazu finden können! Nein! Nein! Derartige Scherze dürfen Sie nicht ernst nehmen. Aber wir wollen auf unser eigentliches Thema zurückkehren ... Er rückt mit dem Stuhl näher an Dr. Appel heran. Sie sitzen einander gegenüber, so daß sich ihre Knie beinahe berühren.
Sie werden also Ihren Einwand, daß ich mich richtiger an meine Tochter wenden würde, Sie werden also diesen Einwand fallen lassen?
Wir werden uns rasch verstehen. Und wenn ich Ihnen sage, daß ich vor reichlich zwanzig Jahren in der gleichen Lage einem erfahrenen Freunde gegenüber saß und von ihm Belehrung erbat, so werden Sie unsere jetzige Situation [406] als eine naturgemäße und keineswegs beklemmende ansehen ...
Dann gehen wir in medias res und beantworten Sie mir die Frage, ob Sie mit dem Wesen der Ehe vertraut sind?
Das erschwert natürlich meine Aufgabe sehr! Er steht auf, legt das Bukett auf den Stuhl und geht auf und ab. Das erschwert natürlich meine Aufgabe ganz wesentlich.
Was hilft mir das? Hm? Ich stehe nun einfach vor der überaus heiklen Pflicht, Ihnen nicht weniger wie alles sagen zu müssen!
APPEL. Vielleicht könnte ich zu Hause einiges Sachdienliche lesen und dann mit Ihnen darüber sprechen?
APPEL nimmt das Bukett vom Stuhl weg und hält es wieder vor sich hin. Ich meine, ich könnte vielleicht eingehende Spezialwerke lesen.
Ach wo! Das ist nichts. Er sieht Dr. Appel [407] nachdenklich an. Hm! Hm! Hm! Nun stelle ich die Frage an mich, ob es nicht doch besser wäre, wenn ich das Thema mit meiner Tochter durchspräche?
Das sagen Sie so! Setzt sich wieder wie vorher; vorwurfsvoll. Ich hätte geglaubt, daß Sie als Zoologe durch Ihr Studium an dieses Problem wenigstens herangeführt worden wären!
APPEL lebhafter. Aber wenn sich Herr Geheimrat dafür interessieren, gerade das gesellige Leben der Bostrichiden ist mannichfaltig und lehrreich!..
APPEL eifrig. Ja, wir haben geradezu alle Variationen des Zusammenlebens. Die wahllose Polygamie bei den Eccoptogastern und wiederum die Monogamie bei anderen Arten ...
APPEL. Ich habe über diese Gattung Ips eine größere Abhandlung geschrieben und manche glückliche Entdeckung gemacht.
APPEL. Es kommt nämlich auch vor, daß der typographus mit drei Weibchen lebt, aber die Regel ist mit zweien.
Ach was! Ips! Was helfen [408] uns Ihre Ips? Da sitzen wir jetzt und können von vorn anfangen. Ich habe mir das anders vorgestellt ...
Wenn ich mich daran erinnere, wie Ihr großer Vorgänger Busäus unterrichtet war ... Sie kennen seinen Namen?
Davon weiß ich nichts, aber offenbar hat er dabei mehr Analoges gefunden, wie Sie bei Ihren Ips. Und auf rein wissenschaftlicher Basis, denn er war Junggeselle.
APPEL steht auf. Entschuldigen Sie, Herr Geheimrat, ich sehe selbst ein, daß mir momentan das rechte Verständnis fehlt.
Bleiben Sie sitzen! Wir müssen wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Sie haben offenbar noch nie daran gedacht, welche Pflichten Sie in der Ehe erwarten?
Sie verlassen sich doch nicht etwa darauf, daß junge Mädchen an einem schönen Frühlingsabend und so weiter, ohne irgendeinen ersichtlichen Grund alles wissen?
Es ist eine ganz unlogische Annahme, sage ich Ihnen. Es ist eine Redensart, die uns über eine Pflicht hinwegtäuschen soll.
Schön, dann wollen wir also beginnen. Appel sieht schüchtern auf sein Bukett nieder. Giselius schlägt die Arme übereinander und sieht ihn über die Brille forschend an.
M-ja, wenn es nur nicht so schwierig wäre! Vorwurfsvoll. Sie hätten mir diese peinliche Aufgabe wirklich ersparen können!
[409]Aber gewiß ist es notwendig; darüber sind wir uns doch im klaren, und überhaupt folgt das schon aus Ihrem Zugeständnisse, daß Sie sich keine Vorstellung machen können von diesem wichtigen Vertrage, den Sie abschließen wollen ... Er steigert seine Stimme, und bei den letzten Worten tritt seine Frau von links ein. Sie sieht erstaunt auf ihren Mann und auf Dr. Appel, der an der Mitteltüre steht und die Hand auf der Klinke hat.
Siehst du, da haben wir's! Genau, wie ich sagte. Rerum ignarus. Der junge Mann hier hat nicht die geringste Ahnung davon, wieso und warum er heiraten will ...
Deine Einwendungen haben sich als hinfällig erwiesen; jetzt wären wir ja soweit, daß wir uns auf deine berühmten Ahnungen verlassen müßten, das heißt, wenn ich leichtfertig genug wäre, meine Tochter in voller Unkenntnis ihrer Zukunft zu lassen.
Jawohl, er hat erstens zugestanden, daß er selbst nichts weiß und zweitens dessenungeachtet meine Belehrung nicht angenommen.
'n Augenblick. Ich muß direkt frage, lieber, guter Herr Doktor, hawwe Sie denn um unser Lottche angehalte?
Kann m'r denn dich kein Augeblick allein lasse? Mußt du mit deine Schrulle partout Konfusione anrichte?
Herr Doktor, jetzt müsse Sie mir hoch un heilig verspreche, daß Sie keim Mensche e Sterbenswörtche sage.
APPEL. Ich habe mir diese Freiheit allerdings nicht genommen, indes muß ich bekennen, daß mir der Gedanke seit einigen Tagen nicht fremd ist ... Ich weiß nicht, ob Sie mir erlauben, darüber zu sprechen.
APPEL. Seit ich Ihr verehrtes Fräulein Tochter gesehen habe, richteten sich meine Gedanken auf ein stilles Familienglück ...
APPEL. Nein! Das hätte ich mir nun und nimmermehr erlaubt, und ich entschloß mich auch nur schwer zu dem Wagnis, heute meine Glückwünsche darzubringen.
Und da sin Sie ihm in die Händ gefalle? Resolut. Wisse Sie was, Herr Privatdozent, so in der G'schwindigkeit laßt sich net Ja und Ame sage, aber wann alles in Ordnung is, und unser Lottche will, hernach Ihm die Hand entgegenhaltend. sin mei Geheimrat und ich auch keine Rabeneltern.
Ich lege mein Veto ein, wenigstens in solange nicht durch eine erschöpfende Aussprache volle Klarheit geschaffen ist ...
Appel, der sich oft und linkisch verbeugt, sie geht auf ihn zu und gibt ihm die Hand. Gute Morche, Herr Doktor! Das is schön, daß Sie sich bei uns sehe lasse.
APPEL. Und ich müßte ... ich wollte eigentlich mit meinen Glückwünschen eine Frage verbinden ... Ja, eine Frage, aber ich weiß nicht Sich hilflos nach Giselius umsehend. ob es mir gestattet ist ...
Es kommt so überraschend ... Dr. Appel nett ansehend. Ich hab mit dem Herrn Dokt'r bloß 'n paarmal gesproche ...
APPEL. Ich wäre sehr glücklich, wenn Ihre Entscheidung einigermaßen günstig für mich ausfallen würde ...
Mutterche, gelt, da gibt's kei Hin und Her? So was muß gleich oder gar net sei. Dr. Appel lustig ansehend. Un ich glaub als, ich sag Ja ...
Ich möcht aber doch zuerst das sagen. Ich hab' ja wohl net gewußt, ob ich einmal Stockt. heirate werd, und ich hab' gedacht, mich nützlich zu mache, und ich wollt' in der Klinik vom Professor Musovius eintrete, und da hab' ich Zu ihren Eltern. und da hab' ich ohne euer Wissen den Hebammekurs durchgemacht.