22. Das vermauerte Thor zu Gransee.

In vielen Städten der Mark Brandenburg, nur nicht in der Altmark, findet man etwas, was man nur sehr selten in anderen Ländern antrifft. Neben dem gewöhnlichen Stadtthore ist nämlich noch ein zweites, zugemauertes Thor. Nach Allem muß man annehmen, daß dieses das allererste gewesen, weil das mit dem Bau der Mauer, in der es sich befindet, übereinstimmt, und weil es auch gerade auf die Straße zugeht, wogegen das jetzige offene Thor schräge in die Stadt hinein führt. Welche Bedeutung die zugemauerten Thore gehabt, und aus welcher Veranlassung sie vermauert sind, das suchen unsere Geschichtschreiber vergeblich zu erforschen. Es finden sich namentlich dergleichen vermauerte Thore in Kyritz, in Wittstock, zu Wusterhausen im Ruppinschen, zu Gransee zwei, zu Soldin drei, zu Friedeberg zwei, zu Morin zwei, zu Berlinchen zwei, zu Königsberg zwei, zu Schönfließ zwei, zu Landsberg an der [107] Warthe, zu Beerwalde, zu Woldenberg, zu Bernau, zu Fürstenwalde und zu Mittenwalde. –

Von den beiden Thoren zu Gransee hat man zwei verschiedene Sagen. Einige geben nämlich vor, es sei einstmals ein Kaiser durch die Stadt gereiset, dem zu Ehren man beide Thore, durch die er gekommen, zugemauert, damit Niemand mehr durchreisen solle. Andere dagegen behaupten, daß bekanntlich in Gransee früher Wenden gewohnt, daß diese von den einwandernden Deutschen vertrieben seien, und nun diese letzteren die Thore, durch welche die Wenden ausgegangen, nicht würdig erachtet, auch von ihnen gebraucht zu werden, weshalb sie dieselben denn zugemauert und für sich nebenan neue Thore haben machen lassen. Hiermit stimmt es überein, daß in den Dörfern auf dem Lande, wo noch jetzt Deutsche und Wenden zusammen wohnen, die Deutschen sich der gewöhnlichen Kirchenthüren bedienen, dieses aber nicht den Wenden gestatten, welche vielmehr durch eine kleine, besonders angelegte Thür in die Kirche gehen müssen.

Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 1. S. 283. 284.

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