[67] Gajus Julius Cäsar.
45. Er wird geschildert als ein Mann von hohem Wuchse, weißer Hautfarbe, wohlgerundet schlanken Gliedern, einem etwas vollen Gesicht, schwarzen lebhaften Augen und von guter Gesundheit, nur daß er in der letzten Zeit an plötzlichen Ohnmachten und unruhigen Träumen zu leiden pflegte. Auch von der Epilepsie ward er zweimal bei öffentlichen Versammlungen befallen. In der Schönheitspflege des Körpers war er fast zu peinlich, so daß er sich nicht nur sorgfältig scheren und rasieren, sondern, wie ihm einige nachgesagt haben, sogar die einzelnen Haare am übrigen Körper ausrupfen ließ und sich über die eintretende Entstellung einer kahlen Glatze gar nicht zufriedengeben konnte, zumal da er [67] über sie häufige Witze seiner Verkleinerer erfahren mußte. Daher hatte er sich gewöhnt, das spärliche Haar über den Scheitel von hinten nach vorn zu legen; und von allen Ehrenbezeigungen, die Senat und Volk ihm zuerkannt hatten, nahm und benutzte er keine lieber, als das Recht, stets einen Lorbeerkranz zu tragen. Auch in bezug auf seine Tracht erzählt man Eigentümliches von ihm. Er trug nämlich das senatorische, mit breitem Purpurstreif versehene Unterkleid an den bis auf die Hände reichenden Ärmelenden mit Fransen besetzt und nie an ders als oberhalb des Streifens, und zwar sehr lose gegürtet. Daher habe sich das von Sulla einmal geäußerte Wort verbreitet, der die Aristokraten oft ermahnte: »sich vor dem schlechtgegürteten Burschen in acht zu nehmen«.
46. Seine Wohnung hatte er zuerst in der Suburastraße in einem bescheidenen Hause, seit seiner Wahl zum Oberpriester aber auf der Heiligen Straße in einem dem Staate gehörigen Palaste. Daß er ein großer Freund einer prächtigen und geschmackvollen Einrichtung gewesen sei, haben viele berichtet. Eine Villa am Nemisee, die er von den Fundamenten an neu erbaut und mit großen Kosten vollendet hatte, ließ er, wie erzählt wird, weil sie seinem Geschmack nicht völlig entsprochen hatte, gänzlich niederreißen, obwohl er damals noch ein unbedeutender Mann und tief verschuldet war. Auf seinen Feldzügen soll er überall kostbare Marmorfliesen und Mosaikfußböden mit sich geführt haben.
47. Nach Britannien soll er in der Hoffnung, dort Perlen zu finden, gegangen sein, deren Gewicht er, wenn er [68] ihre Größe verglich, zuweilen mit eigener Hand abwog. Gemmen, getriebene Gefäße von edlem Metall, Statuen und Gemälde kaufte er, wie man berichtet, stets mit leidenschaftlichem Eifer an; für wohlgebildete und sorgfältig unterrichtete Sklaven zahlte er Preise von so ungeheurer Höhe, daß er sich selbst darüber schämte und den Betrag in seinen Rechnungsbüchern zu verzeichnen verbot.
48. Was seine Tafel betrifft, so hielt er deren in den Provinzen beständig zwei: eine, an der die höheren Militärs und die gebildeten Griechen seines Gefolges, und eine zweite, an der vornehme Römer vom Zivil mit den Ersten des Provinzialadels speisten. Dabei hielt er seine Haushaltungsbedienten in kleineren wie in größeren Dingen in so genauer, ja sogar strenger Ordnung, daß er den Bäcker, der seinen Tafelgästen heimlich anderes Brot als ihm selbst vorlegte, in den Stock legen ließ und einen seiner Lieblingsfreigelassenen, der die Frau eines römischen Ritters verführt hatte, obschon niemand als Kläger auftrat, mit dem Tode bestrafte.
49. Den Ruf seiner Keuschheit verletzte zwar außer der Gemeinschaft mit Nikomedes nichts, doch blieb jener Vorwurf schwer und dauernd haften und setzte ihn allseitiger Schmähung aus. Ich übergehe des Calvus Licinius allbekannte Verse:
– Was nur Bithynien
Und Cäsars Buhler je besessen hat.
Ferner die Senatsreden Dolabellas und Curios des Vaters, in denen ihn Dolabella »die königliche Mätresse«, »die Innenseite des Königslagers«, Curio gar »den Stall des Nikomedes« und »das bithynische Bordell« genannt hat. Auch gedenke ich nicht der Edikte des Bibulus, in denen dieser seinen Kollegen öffentlich als »die bithynische Königin« und als einen Menschen bezeichnete, »dem ehemals ein König am Herzen gelegen, jetzt die Königsherrschaft«. Es war das um dieselbe Zeit, wo, wie Marcus Brutus erzählt, auch ein gewisser Octavius, der sich, weil er zeitweise geisteskrank [69] war, viel Freiheit im Reden erlaubte, in großer Gesellschaft erst den Pompejus als »König« und darauf den Cäsar als »Königin« begrüßte. Allein Gajus Memmius beschuldigte ihn sogar, daß er bei einer zahlreichen Tafelgesellschaft, an der mehrere Kaufherren aus Rom, deren Namen er nennt, teilnahmen, mit den anderen Lustknaben dem Nikomedes Mundschenkdienste geleistet habe. Cicero nun gar begnügte sich nicht damit, in einigen seiner Briefe zu erzählen: Cäsar, im Purpurgewande von Trabanten in das Schlafzimmer und zum goldenen Königslager geführt, habe die Blüte seiner Jugend und seine Abstammung von der Venus bithynischer Befleckung preisgegeben, sondern sagte ihm sogar einmal im Senat, als Cäsar die Sache der Nysa, der Tochter des Königs, verteidigte und dabei die ihm vom Könige erwiesenen Dienste geltend machte: Laß doch dies alles weg, bitt ich dich! Es ist ja bekannt, was er dir und was du ihm geleistet hast. Bei dem Gallischen Triumphe endlich ließen seine Soldaten unter anderen lustigen Gassenhauern, dergleichen sie noch jetzt hinter dem Triumphwagen hersingen, auch jene allbekannten Verse hören:
Gallien unterwarf der Cäsar, Nikomedes Cäsarn einst.
Siehe, Cäsar triumphiert jetzt der die Gallier unterwarf!
Nikomedes triumphiert nicht, der den Cäsar unterwarf.
50. Daß er der Liebeslust ergeben gewesen und für sie viel Geld verschwendet habe, ist die allgemeine Meinung, sowie auch, daß er sehr viele Frauen vornehmer Geburt verführt habe, darunter die Postumia des Servius Sulpicius, die Lollia des Aulus Gabinius, die Tertulla des Marcus Crassus, sogar des Gnäus Pompejus Gattin, die Mucia. Wenigstens hat Pompejus von den beiden Curios, Vater und Sohn, den Vorwurf hören müssen, daß er die Tochter desselben Mannes, um dessentwillen er eine Frau verstoßen, die ihm drei Kinder geboren, und den er oft seufzend seinen Ägisthus genannt hätte, später aus Begierde nach Macht zum Weibe genommen habe. Vor allen anderen aber liebte er die Mutter des Marcus Brutus, Servilia, der er nicht [70] nur schon während seines ersten Konsulats einen Perlenschmuck für sechs Millionen Sesterzien kaufte, sondern ihr auch im Bürgerlichen Kriege, außer anderen Schenkungen, in den öffentlichen Versteigerungen die bedeutendsten Landgüter für einen Spottpreis zuschlug, und als bei dieser Gelegenheit viele sich über den geringen Preis wunderten, äußerte Cicero überaus witzig: Der Kauf ist noch viel besser, als ihr wißt, – denn die Tertia ist abgezogen. Es herrschte nämlich der Glaube, Servilia suche auch ihre Tochter mit Cäsar in ein Verhältnis zu bringen.
51. Nicht einmal in den Provinzen waren die Ehefrauen vor ihm sicher, wie das folgende Distichon beweist, das die Soldaten gleichfalls bei dem Gallischen Triumphe sangen:
Städter wahret eure Weiber, unser Kahlkopf ziehet ein!
Was in Gallien du den Huren schenktest, nahmst du hier auf Borg!
52. Auch Königinnen waren Gegenstand seiner Neigung; zum Beispiel die Eunoe, die Gattin des Maurenkönigs Bogud, denen er beiden, wie Naso berichtet, sehr häufige und wahrhaft unermeßliche Geschenke machte. Vor allen aber liebte er die Kleopatra, in deren Gesellschaft er oft bis an den hellen Morgen tafelte und mit der er in ihrem großen Prachtschiffe, das mit einer kostbar eingerichteten Kajüte versehen war, durch ganz Ägypten bis beinahe nach Äthiopien reiste, wobei er sich nur durch die Weigerung des Heeres, ihm weiter zu folgen, zur Umkehr bewegen ließ. Endlich [71] lud er sie sogar nach Rom ein und überhäufte sie bei ihrem Abschiede mit Ehrenbeweisen und Geschenken, willigte auch ein, daß ein Sohn, den sie geboren hatte, seinen Namen erhielt. Von dem melden freilich einige griechische Schriftsteller, daß er allerdings auch Cäsars Ebenbild an Gestalt und Gang gewesen sei. Marcus Antonius versicherte dem Senate, daß Cäsar ihn anerkannt habe, wie dem Gajus Matius, dem Gajus Oppius und den übrigen Vertrauten Cäsars bekannt sei. Doch veröffentlichte der genannte Gajus Oppius, als bedürfe die Sache einer Ablehnung oder Abwehr, eine Schrift unter dem Titel: »Beweis, daß der von Kleopatra dafür ausgegebene nicht Cäsars Sohn ist.« Helvius Cinna, der Volkstribun, äußerte gegen viele, er habe ein in aller Form abgefaßtes Gesetz in Händen gehabt, das er nach Cäsars Befehl in dessen Abwesenheit habe puplizieren sollen: daß es (ihm), um Kinder zu zeugen, freistehen solle, welche und so viel Frauen er wolle, zu heiraten. Und um gar keinen Zweifel darüber zu lassen, daß der Ruf der unnatürlichen Unkeuschheit und ehebrecherischer Verbindungen brennend auf ihm haftete, erwähne ich, daß Curio der Vater ihn in einer seiner Reden »den Mann aller Weiber und das Weib aller Männer« nennt.
53. Seine Mäßigkeit im Weingenusse haben selbst die Feinde nicht in Abrede gestellt. Es ist ein Wort Catos: Cäsar allein von allen sei nüchtern an den Umsturz der Republik gegangen. Und was das Essen anlangt, so belehrt [72] lehrt uns Gajus Oppius über seine Gleichgültigkeit gegen Tafelgenüsse durch die Erzählung, daß er einst, als bei einem Gastgeber altes Öl statt frischem bei Tafel gereicht und von allen Anwesenden abgelehnt wurde, allein reichlicher als gewöhnlich davon genommen, damit es nicht aussehe, als mache er dem Wirte den Vorwurf der Nachlässigkeit oder des Mangels an Lebensart.
54. Uneigennützigkeit bewährte er weder in seinen Militärkommandos noch in seinen Zivilämtern. Wie einige in ihren Denkwürdigkeiten nachgewiesen haben, nahm er als Prokonsul nicht nur in Spanien von den Verbündeten Geld, das als Beihilfe zur Bezahlung seiner Schulden zusammengebettelt wurde, sondern plünderte auch in Lusitanien einige Städte, obschon sie sich keinerlei Ungehorsams schuldig gemacht und ihm bei seiner Ankunft sofort die Tore geöffnet hatten, wie eroberte Orte aus. In Gallien raubte er die mit Weihgeschenken gefüllten Heiligtümer und Tempel der Götter aus und zerstörte die Städte öfter um der Beute als um eines Vergehens willen. Daher hatte er bald so viel Überfluß an Gold, daß er es zu dreitausend Sesterzien das Pfund in ganz Italien und in den Provinzen als Ware feilbieten ließ. In seinem ersten Konsulate stahl er dreitausend Pfund Gold aus dem Kapitol und ersetzte es durch ebensoviel vergoldetes Kupfer. Er verkaufte Bündnisse und Königreiche, wie er denn allein dem Ptolemäus nahe an sechs tausend Talente in seinem und des Pompejus Namen abnahm. Und in der späteren Zeit bestritt er die schweren Kosten der Bürgerkriege und den Aufwand der Triumphe [73] und öffentlichen Feste mit Hilfe der offenbarsten Erpressungen und Tempelräubereien.
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