179.

Die Wiedergänger erscheinen in mannigfachen Gestalten. Einige zeigen sich so, wie sie sich im wirklichen Leben gezeigt haben: Körper, Kleidung, Benehmen sind eine treue Wiedergabe dessen, was man an dem lebendigen Menschen gekannt hat. Andere erscheinen in ihrem gewöhnlichen körperlichen Aussehen, aber in weiten weißen, grauen oder schwarzen Gewändern; es sind die Totenhemde, in denen sie auftreten. Ist der Wiedergänger noch von seiner qualvollen Wanderung zu erlösen, so ist das Gewand weiß; ist dasselbe aber grau oder schwarz, so ist alle Rettung vorbei, der Wiedergänger ist auf ewig verdammt, ein Teufelsgenosse, und wird endlich selbst Teufel. Oftmals erscheinen ferner die wandelnden Seelen als Flammen (die unschuldigen als kleine, meist blaue Flämmchen, die verdammten in der Regel größer). Sternschnuppen und Irrlichter sind Seelen, und zwar die Irrlichter – Spoklechter, fürige Kärls – verdammte. Ganze glühende Menschengestalten und Menschen mit glühenden Geräten sind nicht selten. In allen diesen Erscheinungen treibt der sich zeigende Wiedergänger gewöhnlich das, was ihn zum Spuken gebracht hat.

Vielfach nehmen die verdammten Seelen Tiergestalten an, so die von Hunden, Katzen (176 e), Raben (208 e), Krähen (208 d), Elstern und anderen Tieren. Es kommt sogar der Fall vor, daß ein Wiedergänger – es ist ein Mörder und zwar ein Brudermörder – das eigentliche Kennzeichen des Teufels, einen Pferdefuß führt. Auch Tiergestalten, welche auf das begangene Verbrechen hindeuten, werden gewählt. Verwünschte müssen das sein und tun, wozu sie verwünscht sind. Mitunter müssen die Wiedergänger, mag ihre Gestalt sonst sein, welche sie wolle, eine große schwere Kette klirrend hinter [221] sich herschleppen; auch dies gilt als Zeichen der Verdammnis. – In Holle heißt es, die Wiedergänger schwebten über der Erde weg, und die Beine seien häufig nicht zu entdecken; damit stimmt eine Mitteilung aus Ramsloh 553 e.

Selbstmörder gehen als Teufel in Gestalt eines Hundes, eines Kalbes ohne Kopf usw. nach der Stelle, wo der Selbstmord geschehen, setzen sich dort und verschwinden, um bald den alten Gang wieder aufzunehmen, und so müssen sie immer wieder den alten Weg gehen, den sie in ihrem Leben das letzte Mal gegangen sind. Haben sie in ihrem Leben schlechte Taten verübt, so müssen sie auf den Wegen wieder gehen, die sie im Leben zur Begehung ihrer Bosheiten gegangen sind. Hat jemand aus Furcht vor Strafe Selbstmord begangen, so muß er immer wandern, kann niemals Ruhe finden; nur wenn er mit dem ewigen Juden zusammentrifft, darf er mit diesem unter zwei aufgestellten Eggen eine zeitlang ruhen (vgl. 247). Wer ihm auf seiner Wanderschaft entgegentritt, erhält einen Stoß, daß er ohnmächtig niederfällt. Ist ein Selbstmörder im Leben von seiner Familie schlecht behandelt worden und hat aus Verzweiflung Hand an sich gelegt, so rächt er sich nach dem Tode dadurch, daß er Unheil über seine Angehörigen heraufbeschwört: Viehsterben, Krankheiten usw. Wer die schwarze Kunst versteht, kann ihn wegbeten oder dadurch unschädlich machen, daß er das Kreuzzeichen am Hause anbringt oder auf dem Wege, der zum Gehöft führt. Geizige gehen wieder als Hunde, die Arme haben, oder als Gestalten, die halb Mensch halb Kalb sind. Sie sind verurteilt, das Geld, das sie beiseite geschafft haben, immerfort umzuschmelzen und wählen dazu besondere Plätze. Wer sie dabei überraschen kann und schlägt mit dem Stock ins Feuer, so daß die Kohlen auseinander fliegen, und dann am folgenden Tage den Ort wieder aufsucht, der kann die Goldstücke zusammensuchen und zum beliebigen Gebrauch verwenden (Wildeshausen).

a.

Unten im Kniphauser Schlosse hört man oft des Nachts die Türen klappern, und einzelne haben gesehen, daß alsdann eine Frau mit einem Schlüsselbunde an der Seite durch Gänge und Zimmer wandelt. Das ist die Benlopsche, die Beischläferin eines ehemaligen Häuptlings Lübbe Onken, die ihres Geliebten Ehefrau Reinolde mit einer Biersuppe vergiftet hat; sie bewacht noch jetzt die Räume, in denen sie ehemals als Herrin gewaltet hat.

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