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Zur Zeit, als die Riesen noch auf Erden wohnten, gab es nur noch wenig Menschen. Diese wurden von den Riesen nicht viel beachtet; aber Hunde und Katzen merkten, daß die Menschen einst die Herren der Erde sein würden, und schlossen sich ihnen an. Der Hund ging mit auf die Jagd, um das Wild heran zu treiben, und bewachte seinen Herrn, wenn dieser schlief. Die Katze hütete Küche und Feld und vertrieb das kleine Getier, das dort seine Nahrung suchte. Die Menschen waren dankbar und freundlich und teilten ihre [144] Speisen mit ihren vierfüßigen Dienern. Als aber die Menschen sich vermehrten und mit mehr Mühe und Schwierigkeiten sich ernähren mußten, vergaßen sie der treuen Dienst der beiden Tiere, und statt des Fleisches bekamen diese bald nur noch die Knochen. Endlich gingen Katze und Hund vor Gericht und suchten dort ihr Recht. Die Richter aber getrauten sich nicht diesen schweren Handel allein zu entscheiden, und beschickten einen alten wegen seiner Weisheit weit berühmten Mann, damit er ihnen Rat erteile. Der Alte besah sowohl den Menschen als den Tieren die Zähne und sprach: »Hund und Katze sind mehr zum Fleischessen geschaffen als der Mensch, der auch Gemüse essen soll; der Mensch muß den Hunden und Katzen ein genügend Teil Fleisch abgeben.« Das Urteil ward auf Pergament geschrieben und den Klägern eingehändigt, damit diese sogleich ihr Recht beweisen könnten, wenn der Mensch es ihnen weigern sollte. Froh gingen die Tiere nach Hause. Aber nun galt es, das wichtige Dokument so aufzubewahren, daß es der Mensch nicht finden und vernichten könne. Der Hund riet, es unter einen großen Stein zu legen. »Nein«, sagte die Katze, »das geht nicht, wie leicht kann es der Mensch dort finden, und wenn der es nicht findet, so zerstört es die Feuchtigkeit. Ich will es in den Hahnebalken tragen, da ist es hübsch trocken, und dahin kommt auch kein Mensch.« Des war der Hund zufrieden, und die Katze kletterte das Dach hinauf und verbarg das Pergamentpapier unter einer Latte. – Etliche Jahre waren die Menschen dem Urteil gehorsam und teilten den Tieren von allem Fleisch, das auf ihren Tisch kam, mit. Dann aber wurden sie nachlässiger, und nicht lange, so hatten die Menschen des Richterspruchs vergessen, und Hunde und Katzen bekamen wieder nur Knochen. Da beschlossen die beiden, die Menschen an ihre Pflicht zu erinnern, und die Katze kletterte das Dach hinauf, um das Urteil zu holen. Als sie aber oben kam, hatten die Mäuse das Pergament ganz zernagt, so daß es nicht mehr zu gebrauchen war. Die beiden konnten also dem Menschen ihr Recht nicht beweisen und müssen sich seitdem immer mit Knochen abspeisen lassen. Der Hund wurde aber zornig auf die Katze, deren Rat das Unglück veranlaßt hatte, und ist ihr ärgster Feind geworden, und die Katze sucht ihre Rache an den Mäusen und verfolgt sie aufs hitzigste, weil sie das Dokument vernichtet hatten. – Warum gingen sie denn nicht [145] wieder vor Gericht? Ja, der alte Mann war in der Zeit gestorben. (Hooksiel.)